Quantcast
Channel: Belltower News - Sachsen
Viewing all 199 articles
Browse latest View live

Das sind die rechten Verlage auf der Leipziger Buchmesse

$
0
0
Antaios-Verleger Kubitschek bei der Frankfurter Buchmesse im Gespräch mit dem Direktor der dortigen Messe. Werden sich solche Szenen in Leipzig wiederholen?
0
AAS

Seit dem 15. März findet die Leipziger Buchmesse statt. Noch bis Sonntag werden über 2.000 Aussteller aus 43 Ländern ihre Produkte präsentieren. Die Messe zieht jedes Jahr hunderttausende Besucher an. Die werden auch dieses Jahr wieder mit rechten Verlagen konfrontiert werden, die rassistische, antisemitische und andere menschenverachtende Bücher im Gepäck haben. Dagegen formiert aber auch Widerstand. Wer stellt auf der Messe aus und wie kann man sich dagegen positionieren?

Von Stefan Lauer

Nach den Vorfällen auf der Frankfurter Buchmesse im Herbst 2017, bei denen es rund um Stand und Veranstaltungen des "neurechten" Antaios Verlages zu Auseinandersetzungen zwischen Zivilgesellschaft und Mitgliedern der rechtsextremen "Identitären Bewegung" und anderen Unterstütz_erinnen aus dem rechtsextremen Umfeld kam, werden auch in Leipzig wieder Verlage und Zeitschriften aus dem extrem rechten Spektrum auftreten.

Antaios Verlag

Der „Verlag Antaios“ ist neben dem „Institut für Staatspolitik“ und der Zeitschrift „Sezession“ die dritte neurechte Institution in der Verantwortung von Götz Kubitschek. Gegründet wurde der Verlag im Jahr 2000 unter dem Namen „Edition Antaios“. 2012 folgte die Umbenennung zum jetzigen Namen. Nach eigenen Angaben auf der Website wurden bisher ungefähr 150 Bücher verlegt. Der Verlag sitzt in Schnellroda in Sachsen-Anhalt, wo sich auch das von Kubitschek gegründete „Institut für Staatspolitik“ befindet.

In der „Reihe kaplaken“  erscheinen Bücher, die sich in drei Themenbereiche zusammenfassen lassen. Der erste Bereich widmet sich aktuellen Themen, wie Gender oder Migration. Der Grundton ist, sich als Opfer der aktuellen Politik darzustellen und ein Bedrohungsszenario zu vermitteln. Dies spiegelt sich sowohl in den Titeln („Finis Germania“, „Linke Gewalt“), als auch in den Beschreibungen zu den Werken wider. So steht in der Beschreibung zu Martin Lichtmesz „Die Hierarchie der Opfer“, dass „Vergewaltigungsepidemien“ als Folge der Migrationspolitik in Kauf genommen wurden. Ellen Kositzas Buch „Gender ohne Ende“ behandelt laut Verlagsbeschreibung die Frage, was „nach vierzig Jahren Gleichheits-Feminismus“ und „Verweiblichung des Verhandlungs-, Erziehungs- und Führungsstils“ vom Mann übrig bleibt, außer „Familientrottel“, „Zahlvater“ und „Frauenversteher“.

Auch die "Identitären" sind bei Antaios vertreten. Der Österreich-Chef der selbsternannten "Bewegung", Martin Sellner, hatte schon in Frankfurt versucht, eines seiner Bücher zu präsentieren und wird auch in Leipzig wieder vor Ort sein. Diesmal mit "Defend Europe – Das Buch zur Kampagne". Auch Caroline Sommerfeld-Lethen und Martin Semlitsch – der unter dem Pseudonym Martin Lichtmesz veröffentlicht – präsentieren ein gemeinsames Werk. Insgesamt plant der Antaios Verlag vier Veranstaltungen auf der Messe.

 

Compact

Compact ist ein "neurechtes" Verschwörungsmagazin samt Verlag. Geleitet wird das alles von Chefredakteur Jürgen Elsässer, der über die Jahre und nach Stationen bei Junge Welt, Jungle World, konkret und Neues Deutschland, von links nach rechtsaußen gewandert ist.

Im Compact forderte er kürzlich erst die Freilassung von Beate Zschäpe. Elsässer gilt als Unterstützer des äußerstrechten Parteiflügels der AfD. Auf Fotos sieht man ihn Arm in Arm mit Björn Höcke und André Poggenburg beim Aschermittwochstreffen der AfD, bei dem Poggenburg über "Kameltreiber" und "Vielweiberei" schwadronierte.

Compact sind die wenigsten Thesen zu krude, um sie nicht doch noch zu veröffentlichen, im Heft herrscht der permanente Ausnahmezustand: Islamisierung! Volksverräter! Merkel muss Weg! Etc.!

Wichtig für Elsässer sind dabei immer Spenden. Kaum ein Artikel auf seinem Blog, auf der Website von Compact oder auch im Heft kommt ohne Aufforderung aus, doch bitte mindestens ein Abo abzuschließen, zu spenden oder doch wenigstens ein Buch aus dem hauseigenen Verlag zu kaufen.

Pünktlich zur Buchmesse hat Compact eine Sonderausgabe veröffentlicht, die ausschließlich Texte des wegen Volksverhetzung verurteilten Autors Akif Pirinçci enthält. Am Samstag soll sie auf der Messe vorgestellt werden. Am Sonntag kommt dann schließlich Compact mit Antaios zusammen. Elsässer empfängt Antaios-Verleger Götz Kubitschek zum Thema "Die Perspektive alternativer Medien in Deutschland". Vermutetes Fazit: Nur mit großzügiger Spende an Herrn Elsässer kann es überhaupt irgendeine Zukunft geben.

Europa Terra Nostra (ETN) und Deutsche Stimme

ETN gibt nicht Bücvher heraus, sondern ist auch gleichzeitig eine rechtsextreme europäische Stiftung, die seit 2015 existiert. Vetreter extrem rechter Parteien aus ganz Europa haben sich zusammengeschlossen, darunter auch die NPD. Die "Deutsche Stimme" ist passend dazu das Parteiorgan der vor der Bedeutungslosigkeit stehenden Rechtsextremen.

Auch am Stand der NPD sollen Veranstaltungen stattfinden. Zum Beispiel kann man am Samstag dort Udo Voigt treffen, der einzige NPD'ler im Europäischen Parlament. Der wegen Volkverhetzung verurteilte Voigt stellt ein Buch über seine "Arbeit" im Parlament vor.

 

Was tun?

Das Aktionsbündnis "Verlage gegen Rechts" besteht aus mehr als 70 Verlagen und 160 Einzelpersonen und setzt sich gegen "rassistisches, antifeministisches und homofeindliches Gedankengut" ein.  Die Gruppe organisiert auf der Leipziger Buchmesse mehrere Veranstaltungen, die sich mit rechtsextremen Erzählungen und der Ideologie dahinter auseinandersetzen und versuchen so ein Gegengewicht zu schaffen.

Dabei wird über die sogenannte "Identitäre Bewegung", "Meinungsfreiheit als Kampfbegriff", die AfD in Ostdeutschland und viele andere Themen diskutiert. Vertreter_innen der Aktion sind dabei auch in der Nähe der rechten Verlage unterwegs und verteilen Informationen.

Format: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

Barny

$
0
0

"Barny" ist das Pseudonym des ursprünglich aus Jena (Thüringen) stammenden Liedermachers Mirko Szydlowski. Der heute im Raum Chemnitz lebende Neonazi ist seit mehr als 10 Jahren fester Bestandteil der RechtsRock-Szene und soll schon Anfang der 2000er Jahre sowohl bei der Jenaer Band "Blutstahl" , als auch bei der Band "SKD" mitgewirkt haben. Szydlowski stand darüber hinaus als Live-Gitarrist für die RechtsRock-Bands "Division Germania" und "Frontalkraft" auf der Bühne. In der rechten schwedischen Viking-Rock-Band "Einhärjarna" ist der fließend schwedisch sprechende Thüringer ebenfalls seit Jahren als Gitarrist tätig. Als Liedermacher "Barny" bewegt er sich international vorrangig auf Konzerten der Neonazi-Bruderschaft der "Hammerskins". Dabei tritt er häufig im Duo mit anderen Liedermachern und Liedermacherinnen auf. Mit Ken McLellan, dem Sänger der britischen "Blood & Honour"-Band "Brutal Attack", veröffentlichte er 2011 die CD "Carved In Stone". Ein Jahr zuvor produzierte das heute in Brandenburg ansässige Neonazi-Label "OPOS-Records" die CD "Liebe, Treue, Heimat", das bisher einzige Vollalbum von "Barny". Auch fernab der Bühnen des internationalen RechtsRock-Geschehens ist Szydlowski kein Unbekannter. Schon bevor er nach Sachsen zog bewegte er sich im Umfeld der "Kameradschaft Jena" und war mit Ralf Wohlleben vertraut. Wohlleben ist im NSU-Prozess in München angeklagt. Er soll der rechts-terroristischen Gruppe die Waffe besorgt haben, mit der diese neun Migranten erschossen hatten. 2012 steuerte "Barny" zwei Lieder für eine Solidaritäts-CD bei, deren Einnahmen dem angeklagten Wohlleben zu Gute kommen sollten. 2015 fiel Szydlowski abermals im Zusammenhang mit Wohlleben und dem NSU auf. Während Maik E., der Bruder des im NSU-Prozess angeklagten André Eminger, gemeinsam mit weiteren Neonazis einheitliche T-Shirts mit der Zahl "40" auf der Zuschauertribüne des Oberlandesgericht in München präsentierten, saß Szydlowski unmittelbar daneben. Die Neonazis hatten sich versammelt, um Wohlleben zum 40. Geburtstag zu gratulieren. Innerhalb des NSU-Prozesses wurde Mirko Szydlowski zudem mehrmals erwähnt. Die Anwältin der Nebenklage stellt außerdem fest, dass Szydlowski Mitglied der "Hammerskins" sei.

Leipziger Fußball: Bei Lok nur rechts außen? - Teil 3

$
0
0
Werbevideo eines "Imperium Fight Team"-Kämpfers
0
Screenshot Youtube

Der politische Kampf der radikalisierten rechten Fanszenen findet in Leipzig mittlerweile vermehrt außerhalb von vermeintlichen Fußballkontexten statt. Dabei spielt das "Imperium Fight Team" mit seinen gut vernetzten Strippenziehern eine gewichtige Rolle.

 

Von Christian Freitag

 

Neue, bunte Leipziger Fangruppen wie die „Fankurve 1966“ schafften es, sich innerhalb der Fanschaft zu etablieren und konnten sich bei Lok frei entfalten. Das ist ein Zeichen, dass  die „Schreckensherrschaft“ der Nazis in der Fankurve allmählich ein Ende hat. Doch ganz ist das Problem auch damit nicht behoben. Teilweise haben sich nur die Label geändert.

Bereits seit 2010 bestand ein Anfangs loser Zusammenschluss der „Blue Caps“, „Leipziger Jungs“ und der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften „Scenario Lok“ unter dem Namen „Fanszene Lok“. Seit der Auflösung von „Scenario“ 2014 entstand neben der „Fanszene“ noch das Projekt „Eastside Rowdys“, beide Projekte dienten als Auffangbecken für die ehemaligen Scenario sowie Blue Caps Mitglieder. Um die gemeinsamen Projekte tummelt sich ein Spektrum von unpolitischen und rechtsoffenen Fußballfans bis hin zu Neonazis. Zudem weisen einige Mitglieder auch eine Nähe zu den Leipziger „Hells Angels“ auf. (vgl. Robert Claus)

Neue Fangruppen, alte Probleme und neue Betätigungsfelder

Von Vereinsseite wurde 2013 ein Fanbeirat ohne Beteiligung von „Scenario“-Mitgliedern gegründet und man gab sich zusätzlich ein Vereinsleitbild, in dem Gewalt und Diskriminierung abgelehnt werden. Der neu gewählte Vorstand arbeitete deutlich intensiver mit dem sozialpädagogischen Fanprojekt zusammen. Neue, antidiskriminierende Fangruppen wie die „Fankurve 1966“ schafften es zudem, sich innerhalb der Fanschaft zu etablieren und gleichzeitig andere Wege aufzuzeigen. „Jegliche Formen von Diskriminierung und sonstigem menschenverachtendem Gedankengut haben in unseren Reihen definitiv keinen Platz“, schreibt die Gruppe auf ihrer Internetseite. Ein wichtiges Zeichen der eigenen Anhänger_innen im Kampf gegen die Nazis im Stadion. Das diese sich zumeist immer noch mit dem 1. FC Lok identifizieren, zeigen beispielsweise verunglimpfende Aufkleber in der Stadt mit Aufschriften wie „ACAJ - All Chemiker Are Jews“ und „Juden Chemie“.

Die "Fankurve 1966" versucht gegen das Image der eigenen Fans zu kämpfen. Screenshot "Fankurve 1966"

Sieg oder Spielabbruch

Die Skandale blieben vorübergehend aus und der Verein sah sich in seiner Strategie bestätigt. Doch dieser Zustand währte nicht allzu lang. 2015 kam es nach einem Platzsturm und Angriffen auf die eigenen Spieler und anwesenden Polizist_innen beim Auswärtsspiel in Erfurt zu einem Spielabbruch. Unter den Randalierern waren auch wieder einige „Scenario Lok“-Mitglieder, die teilweise trotz Stadionverbot den Weg fanden.

Tweet des 1. Fc Lokomotive Leipzig nach dem Spielabbruch in Erfurt. Quelle Screenshot Twitter.

 

Der Schaden für den Verein war groß und zwang die Verantwortlichen ein weiteres Mal zum Handeln. Der damalige Team-Manager Rene Gruschka sagte nach dem Spiel, dass sich Ex-„Scenario“-Mitglieder wahrscheinlich mit anderen gewaltbereiten „Lok“-Anhänger_innen – teils aus der Free-Fight-Szene – sowie befreundeten Hooligans aus Halle zusammengetan hätten und einzig auf Konfrontation aus gewesen seien. (vgl. 11Freunde)

Es ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich die rechte Hooliganszene abseits des Fußballs weiterentwickelt hat. Die Hooligans haben sich andere Betätigungsfelder suchen müssen, da sie mehr und mehr aus den Stadien verdrängt wurden. Fündig wurden die Straßenkämpfer beim Free Fight, einer Kampfsportart, bei der so ziemlich alles erlaubt ist, was einen Gegner umhaut. Egal ob in Dortmund, Leipzig oder anderswo. Das Vorbild ist in den meisten Fällen Russland, wo diese Art des Gruppenkampfs als „offizielle Sportart“ gilt.

In Leipzig bestehen diese Strukturen schon länger. Anfangs schlossen sich Hooligans und „Erlebnisorientierte“ zum „Boxclub Lokomotive“ zusammen. Heutzutage besser bekannt als „Imperium Fight Team“. Einer der  Trainer ist Benjamin Brinsa, der jahrelang ein führendes Mitglied der „Scenario Lok“ war.

 

Das „Imperium Fight Team“ in Leipzig

Benjamin Brinsa, ehemaliges Scenario Mitglied, MMA-Kämpfer und jetzt Trainer des „Imperium Fight Teams“ in Leipzig, gilt als äußerst gut vernetzt in der rechten Szene und wurde dafür teilweise von Wettkämpfen aufgrund seiner Vergangenheit ausgeladen. Seit einigen Jahren findet in Leipzig jährlich das  Kampfsportevent „Imperium Fighting Championship“ statt – Ausrichter ist das „Imperium Fight Team“ von Brinsa, der auch Mitorganisator dieses Events ist

Die Kampfsportevents des „Imperium Fight Teams“ sind die größten ihrer Art in Deutschland. Unterstützung gibt es natürlich auch aus der Fanszene Lok, die mit einem Spruchband während eines Spiels für das Event mobilisierten: „Support your local MMA Team“.

 

Mehr Informationen:

 

 

Format: 
Region: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

In Ostritz will die militante Neonazi-Szene Hitlers Geburtstag feiern

$
0
0
Am 20. Und 21. April soll in Ostritz das Neonazi-Festival „Schild und Schwert“ stattfinden. Erwartet werden mehrere tausend gewaltaffine Neonazis.
0
Screenshot

Im sächsischen Ostritz soll am 20. und 21. April 2018 das neonazistische Festival „Schild & Schwert“ im „Hotel Neißeblick“ stattfinden. Weder Datum noch Ort dürften zufällig gewählt sein. Besonders brisant ist, dass „Blood & Honour“ für das Hass-Festival mobilisiert.  

 

Von Samira Alshater

 

Die Großveranstaltung soll auf dem Gelände und in den Räumlichkeiten des Ostritzer „Hotel Neißeblick“ stattfinden, dabei ist dieses Event nicht die erste Neonazi-Veranstaltung in dieser Immobilie. 2012 hielt hier beispielsweise die sächsische NPD ihren Landesparteitag ab. Eigentümer des Hotels ist das NPD-Mitglied Hans-Peter Fischer, der auch als „Herbergsvater der NPD“ bezeichnet wird.

 

Zweitägiges Neonazi-Festival mit allerhand Hass-Lifestyle

Auf dem „Schild & Schwert“-Festival sollen Bands aus dem „Blood & Honour“ Netzwerk spielen, MMA-Kämpfer gegeneinander antreten, Redebeiträge gehalten und neonazistischer Merchandise angeboten werden, um möglichst viele Nazis aus Europa am Datum des Hitler-Geburtstages nach Sachsen zu mobilisieren. Da es von Ostritz nur knapp fünf Kilometer bis nach Tschechien sind, heißt das Nazi-Event auf seiner Facebook-Präsenz tschechische Besucher_innen nochmal ganz explizit willkommen.

Das zweitägige Event folgt dem Trend zu immer größeren und professionelleren Veranstaltungen dieser Art, die über die klassische Kundgebung im öffentlichen Raum mit ein paar Rechtsrock-Acts hinausgehen. Und dennoch ist die Form eines zweitägigen Neonazi-Festivals neu und könnte ein zusätzlicher Mobilisierungseffekt sein. Mit dem breiten Angebot sollen jedoch auch die Kassen der Neonazis klingeln. Das als politische Versammlung angemeldete Festival kostet zwischen 15 und 45 Euro Eintritt. Ein Komplettpaket mit An-und Abfahrt von Süddeutschland, Übernachtung und Frühhtstück und dem Eintritt für zwei Tage kostet 135 Euro.

 

NPD-Mann Thorsten Heise

Anmelder des Events ist NPD-Vize Thorsten Heise. Erst vor wenigen Wochen startete er mit der Gründung des „Völkischen Flügels“ innerhalb der NPD eine Rebellion seiner Partei. Laut der eigenen Proklamation, soll der „Völkische Flügel“ dazu beitragen, die „NPD zu einer wirklichen Weltanschauungsorganisation und Bewegung zu machen, anstatt sie weiter als erfolglose Wahlpartei systemaffiner Politikjongleure zu überlassen.“ Damit erteilt NPD-Vize Thorsten Heise und die weiteren Mitunterzeichner dem parlamentarischen Weg der NPD eine Absage. Heise will die NPD wieder stärker für die militante Szene öffnen.

Vor dem Hintergrund einer angestrebten Neuausrichtung der NPD kommt auch dem von Heise initiierten Neonazi-Festival eine besondere Bedeutung zu. Das zweitägige Rechtsrock-Event, das unter dem Motto „Reconquista Europa“ steht, ist offenbar Teil der NPD-Rebellion. Für die rechtsextreme Szene sind Rechtsrock-Konzerte der ideale Ort, um sich zu vernetzen. Und offenbar hat man auch in Ostritz keine Berührungsängste zur hierzulande verbotenen „Blood & Honour“-Szene – und dann passt es ja gut, dass das international agierenden B&H-Netzwerk auf seiner Website für Ostritz wirbt.   

 

Auch die deutsche „Combat-18“-Zelle „Oidoxie-Streetfighting-Crew“ wird in Ostritz erwartet

Es ist kein Zufall, dass auch in Heises eigenem Versandhandel, dem WB-Versand, bis heute neben der Band des „Blood & Honour“-Gründers Ian Stuart, „Skrewdriver“, zahlreiche weitere B&H-Bands vertreten sind. Einige der Bands werden auch im Rahmen des „Schild und Schwert“-Festivals auftreten und entsprechendes Publikum anziehen, wie die Band „Oidoxie“.  

Die Band propagiert in ihren Texten „Leaderless Resistance“ (führerlosen Widerstand) und „Race War“ (Rassenkrieg), auf Konzerten warben sie für die Terrorgruppe „Combat 18“. C18 ist der bewaffnete Arm der in Deutschland verbotenen Vereinigung „Blood & Honour“. Die führerlosen Zellen verübten zahlreiche Anschläge auf politische Gegner_innen, Migrant_innen und Journalist_innen in ganz Europa. Aus dem Umkreis der Band „Oidoxie“ entstammt auch die „Combat-18“-Zelle „Oidoxie-Streetfighting-Crew“, deren Umfeld Verbindungen zum rechtsterroristischen NSU nachgesagt werden. Die terroristische Gruppierung, gegen die der Verfassungsschutz ermittelte, bewaffnete sich und trainierte für den Nahkampf.

 

Gefährliche Straight Edge-MMA-Kämpfer beim „Kampf der Nibelungen“

Neben politischen Redebeiträgen von unter anderem Thorsten Heise und NPD-Urgestein Udo Voigt, soll es am Samstag eine Tattoo-Convention und eine Kampfsportarena der „Kampf der Nibelungen“ geben. Hinter dem „Kampf der Nibelungen“ verbirgt sich eines der größten europäischen, offen nazistischen Kampfsportevents. Verbindendes Ziel der Kämpfer ist die Vorbereitung auf einen „Endkampf der Kulturen“, den sie in Zukunft auf die Straße tragen wollen. Propagiert wird, wie schon im Nationalsozialismus, ein Idealbild soldatischer Männlichkeit und Herrenmenschentum, die oftmals verbunden ist mit einem eisernen Straight-Edge-Lifestyle. Der französische MMA-Kämpfer Tomasz Szkatulski gab über Facebook-Kommentare bekannt, dass er in Ostritz in den Ring steigen wird. Der Neonazi  gehört zum französischen „Blood & Honour“-Netzwerk – und er ist Kampfsportler für das Team der Neonazi-Marke „Pride France“. Im Sommer fiel er in Berlin durch sein extrem aggressives und gewaltbereites Verhalten beim neonazistischen Rudolf Heß-Gedenkmarsch auf.

 

Tomasz Szkatulski (Bildmitte) im August in Berlin. BTN

„Blood & Honour“-Event in Polen abgesagt

Eigentlich wollten polnische Neonazis parallel am 21. April nur wenige Kilometer von Ostritz im Umkreis von Breslau das Neonazi-Festival „Night of Identity“ abhalten. Die Jahre zuvor wurde dieses Event noch unter dem Namen „Night of Terror“ veranstaltet. Organisiert wurden diese Hardcore-Hass-Veranstaltung von „Club 28 Division Poland“ der polnischen „Blood & Honour“-Sektion, deren führende Strippenzieher sich auf dem großen Neonazi-Vernetzungstreffen vergangenes Jahr in Themar präsentierten.

 

Der polnische Neonazi Krzysztof Słowiński (rechts) aus dem B&H-Netzwerk war 2017 zu Gast in Themar. BTN

 

Ursprünglich waren Konzerte von „Blood & Honour“-Bands aus Polen, Deutschland, Spanien und den USA geplant. Wie nun allerdings die polnische Zeitung „Gazeta Wyborcza“ berichtet, wurde das B&H-Event „Night of Identity“ abgesagt. Der Grund dafür ist offenbar, dass man der NPD-Veranstaltung in Ostritz keine Konkurrenz machen wolle. Möglicherweise wäre es auch zu personellen Überschneidungen zwischen den MMA-Kämpfern in Ostritz und Bandmitgliedern der Auftretenden B&H-Musiker in Polen gekommen, wie beispielsweise bei Mitgliedern der B&H-Bands „Terrorsphära“ (Deutschland) und „L.T.W“ (Polen).   

 

Die Band "H8 Machine" sollte bei "Night of Identity" auftreten. Ende februar postete sie dieses Bild. Screenshot Facebook

 

Auf einer Internetseite von B&H Polen behauptet die Sektion ihr Festival fiele aus wegen der „Willkür Zions. Aber wir sind nicht tatenlos.“ Sie laden zur „Tauffeierlichkeit“ am 21. April an einem noch geheimen Ort im Breslauer Raum ein. Im Vorfeld müssen Karten für 35 Euro bestellt werden – exakt jenem Betrag, der das Tagesticket am Samstag in Ostritz kostet.

Eine Mobilisierung der polnischen Neonazis nach Sachsen wäre auch dahingehend interessant, da aufgrund der Erfahrungen aus dem zweiten Weltkrieg eine Zusammenarbeit von deutschen und polnischen Neonazis lange Zeit ausgeschlossen war. Das ändert sich momentan.

Das einige Vertreter aus den Kreisen von „Blood & Honour“ und „Combat 18“ die Nähe zum polnischen Neonazi-Netzwerk suchen, dürfte schlicht auf Pragmatismus und Geschäftssinn zurückgehen. Billige Produktionsmöglichkeiten, Konzert-Locations und ein leichterer Zugang zu illegalen Waffen macht Polen für das deutsche Milieu interessant.

 

Polenfeindliche Bands in Ostritz

Interessant ist allerdings dass in Ostritz mit Bands wie der „Lunikoff Verschwörung“ von Michael Regener Bands spielen, die offen polenfeindlich sind. So heißt es etwa in Regeners Vorgängerband „Landser“:

„Wenn ich das seh, werd' ich echt sauer, Polackenlümmel schreien White Power. Oh, wie ich dieses Scheissvolk hasse. Seit wann gehören Polacken zur arischen Rasse? Wenn bei Danzig die Polen-Flotte im Meer versinkt und das Deutschland-Lied auf der Marienburg erklingt, dann zieht die Wehrmacht mit ihren Panzern in Breslau ein, und dann kehrt Deutschlands Osten endlich wieder heim“

Ob und wie die polnischen Neonazis Bands feiern können, die Polen quasi das Existenzrecht absprechen bleibt abzuwarten.

 

„Rechts rockt nicht“ widersetzt sich dem Hass-Event

Ein Zusammenschluss von Gruppen und Einzelpersonen will das Hass-Festival allerdings nicht unkommentiert lassen. Die Initiative „Rechts rockt nicht!“ ruft zum Widerstand gegen das geplante Nazi-Festival auf. Sowohl am Freitag, wie auch am Samstag soll es in Ostritz, ein vielfältiges Programm für die Zivilgesellschaft geben, mit Redebeiträgen, Podiumsdiskussionen und Musik. Das Bündnis hofft mit einer breiten Mobilisierung, um den Neonazis zu zeigen, dass, auch wenn sie sich in die hinterste sächsische Provinz zurückziehen, sie nicht unbeobachtet und ihr Menschenverachtung nicht unwidersprochen bleiben.

 

Format: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

Zu diesen Bands wollen Neonazis in Ostritz "abhitlern"

$
0
0
Auf dem „Schild & Schwert“-Festival sollen MMA-Kämpfer gegeneinander antreten, Redebeiträge gehalten, neonazistischer Merchandise angeboten werden und Bands aus dem „Blood & Honour“ Netzwerk spielen. Wer sind diese Bands?
0
BTN

Am kommenden Wochenende wollen Neonazis im sächsischen Ostritz Hitlers Geburtstag feiern. Neben Tattoo-Convention, einem „Kampf der Nibelungen“ „politischen“ Redebeiträgen, werden auch Band auftreten.

 

Von Samira Alshater

 

Im ostsächsischen Ostritz soll am 20. und 21. April 2018 das neonazistische Festival „Schild & Schwert“ im „Hotel Neißeblick“ stattfinden. Weder Datum noch Ort dürften zufällig gewählt sein. Besonders die recht hochkarätigen Bands dürften viele Neonazis – auch aus dem Ausland – an Hitlers Geburtstag nach Sachsen mobilisieren.

Besonders brisant ist, dass das internationale, ultra-rassistische Netzwerk „Blood & Honour“ (B&H) für das Hass-Festival wirbt. Dazu passt, dass viele der in Ostritz auftretenden Bands ebenfalls aus dem „Blood & Honour“-Umfeld kommen.   

„Blood & Honour“ dient dazu, ein profitables Geschäft – Musik, Konzerte, rechtsextreme Erlebniswelt – aufzuziehen und zu dominieren. Obwohl das Netzwerk in Deutschland verboten ist, gibt es bis heute in der Bundesrepublik Bands, Musikproduzenten, Versände und Personen-Zusammenschlüsse, die dem internationalen B&H-Netzwerk angeschlossen sind. Die Einnahmen durch das Musikgeschäft fließen zurück an die Neonazi-Szene. Einer der größten Nutznießer dürfte der ebenfalls verbotene und dennoch bewaffnete Arm „Combat 18“ sein. Ziel dieser Gruppierungen ist die Vorherrschaft der „weißen Rasse“ in einem Führerstaat nach nationalsozialistischer Prägung.

Auch das zweitägige Neonazi-Event von Thorsten Heise in Ostritz ist geprägt durch B&H-Strukturen, wie man deutlich an den eingeladenen Bands sieht.

 

Die Bands für den Balladenabend und die Hardcore Rechtsrock-Konzerte

Nach eigener Ankündigung beginnt der Freitag des „SS-Festivals“ (Schild & Schwert-Festivals)  recht ruhig mit einem „Balladenabend“. Neben Redebeiträgen von Thorsten Heise (NPD), Sascha Krolzig (Die Rechte), Gianluca Bruno (NPD) und Michael Brück (Die Rechte), sind „Der Mann am Klavier“, „Griffin“, „Nahkampf“ (Solo) und „Falk“ (Solo) angekündigt.

Am Samstag sollen die Bands „Oidoxie“ „ Die Lunikoff Verschwörung“, „Kategorie C“ „Bataillon 500“, „Sons of Odin“, „Sturmwehr“ und „Germanium“ auftreten.

Die ursprünglich angekündigte Band „Amok“ wird nicht auf der Bühne stehen. Der als „gefährlichste Neonazi der Schweiz“ bezeichnete Sänger und B&H-Kader Kevin Gutmann wurde jüngst zu zwei Jahren Haft verurteilt. Er hatte sich im Sommer 2015 an einem Angriff auf einen orthodoxen Juden in der Nähe von Zürich beteiligt. Das Opfer wurde bespuckt und antisemitisch beschimpft, u.a. mit den Worten, dass er nach Auschwitz deportiert würde.

 

„Griffin“: einflussreicher Neonazi- Liedermacher aus Kanada

„Griffin“ ist der Spitzname des heute in Berlin lebenden kanadischen Neonazis David Allen Surrete. Es soll am Freitag seine Hetz-Balladen zum Besten geben. Wahlweise tritt Surette unter dem Namen „Griffin“ und „Stonehammer“ europaweit als Liedermacher auf. Bereits Anfang der 1990er Jahre bestritt er mit der Rechtsrock-Band „Aryan“ aus Toronto Konzerte in den USA, sowie später in Europa, vorrangig im seit 2000 in Deutschland verbotenen „Blood & Honour“-Netzwerk. Neben seiner musikalischen Betätigung arbeitet er international als Wander-Tätowierer.

Zudem entwarf er zahlreiche Zeichnungen, u.a. für die als kriminelle Vereinigung eingestufte Neonazi-Band „Landser“, sowie deren Nachfolgeprojekt „Die Lunikoff Verschwörung“. Davis Allen Surette gilt bis heute als einflussreicher Neonazis und Bindeglied innerhalb der rechtsextremen Szene, auch aufgrund seiner Voll-Mitgliedschaft in der rechtsextremen, rocker-ähnlichen Gruppierung „Vandalen – Ariogermanische Kampfgemeinschaft“.   

 

„Nahkampf“: Neonazi „Hannes“ beim „Balladenabend“

„Nahkampf“ sind eine Rechtsrock-Band aus Bremen, die ebenfalls eng „Blood & Honour“ verknüpft ist. Sänger Hannes Ostendorf ist Frontmann der rechten Hooligan-Band „Kategorie C". Er wird am Freitag voraussichtlich ein „Balladenprogramm“ mit ganz viel Hass und Menschenverachtung zum Besten geben.

 

„Kategorie C“: Von einer Grauzonen-Band zu einer aus dem „Blood & Honour“-Milieu

„Kategorie C“ ist eine rechtsextreme Hooligan-Band, die 1997 in Bremen gegründet wurde. Der Name „Kategorie C“ bezieht sich auf die Polizei-Bezeichnung für gewaltsuchende Fußballfans, sprich Hooligans. Frontmann und Zugpferd der Band ist der Bremer Neonazi und Hannes Ostendorf, der 1991 an einem Brandanschlag auf ein Bremer Flüchtlingsheim beteiligt war.

Eine Zuordnung der Band „Kategorie C“ zur rechtsextremen Szene kann heute deutlich klarer und eindeutiger stattfinden, als noch vor einigen Jahren. So bestritt die Band bis 2018 zahlreiche Konzerte unter dem Banner von „Blood & Honour“, etwa 2014 in Slowenien und Italien, und teilte sich auch in Deutschland die Bühne mit rechtsextremen Bands. Öffentlich u.a. auf dem „Rock gegen Links“ im thüringischen Themar 2017.

 

„Flak“: NS-Verherrlichung auf der Bühne

Flak existiert seit 2007 und hat sich in der Region Bonn formiert. Das musikalische Spektrum der Neonazi-Band ist eine Mischung aus NS-Verherrlichung und Coversongs von neonazistischen Kultbands wie „Landser“ oder „Radikahl“. Auch rassistische und völkische Textpassagen, wie „Überfremdet und verblendet verkommt die deutsche Jugend (…). Es gibt nur einen Ausweg für unser Volk, unser Blut und unsere Tradition: Revolution.“, finden sich immer wieder. In Ostritz soll es offenbar einen Solo-Auftritt von Sänger und Gitarrist Philipp „Phil“ Neumann geben. Neumann ist sehr gut in der Rechtsrock-Szene vernetzt.

 

„Oidoxie“: Die „Combat 18“-Zelle  

„Oidoxie“ ist eine 1995 gegründete Dortmunder Rechtsrock-Band um den Sänger Marko Gottschalk und den Gitarristen Marco Eckert. „Oidoxie“ sind dank häufiger Liveauftritte in den letzten Jahren zu einer der beliebtesten Bands in der Szene avanciert. Durch den zwischenzeitlichen Wegzug Gottschalks nach Skandinavien (ob das Auffliegen des NSU mit dem Wegzug in Verbindung steht ist nicht belegt) waren Auftritte der Band rar. Seit Gottschalks Rückkehr nach Deutschland ist die Band spätestens seit 2016 wieder fester Bestandteil des deutschen Rechtsrock-Geschehens.

Bekannt wurde „Oidoxie“ vor allem durch ihren Song „Terrormachine“. Darin machen sie kein Geheimnis aus ihrer Nähe zum verbotenen militanten Netzwerk von „Combat 18“. In dem Song heißt es:

“Fighting for our nation, fighting against the scum, if you see the hate in our face you should better run. Fighting for better nations, we want our cities clean. This is the terrormachine, this is combat 18. Terrormachine combat 18 […]. Hail to Combat 18, hail to the Terrormachine.”

Auch die eigene Fangruppe und Security-Truppe der Band, die „Oidoxie Streetfightig Crew“, entwickelte sich in den letzten Jahren immer stärker in Richtung einer „Combat 18“-Zelle. Mutmaßliche Anhänger einer deutschen „Combat 18“-Zelle wurden im September 2017 an der deutsch-tschechischen Grenze von Spezialkräften der Polizei fest gesetzt, nachdem diese zuvor in Tschechien Schießübungen absolviert hatte.

 

„Die Lunikoff Verschwörung“: Die kultige Hass-Band für Neonazis

„Die Lunikoff Verschwörung“ ist eine seit dem Jahr 2004 existente Band rund um den Sänger Michael Regener. Diese war ebenfalls Sänger der inzwischen als kriminelle Vereinigung verbotenen Rechtsrock-Band „Landser“ und gilt in der Neonazi-Szene als Kultfigur. Nachdem 2001 die konspirativen „Landser“ aufgeflogen waren, schließlich vor Gericht kamen und Regener sich mit seinen ehemaligen Bandkollegen überwarf entwickelte sich in der Szene schnell ein Kult um den „standhaften“ und „treuen“ „Landser“-Sänger. Logische Konsequenz: Ein neues Bandprojekt.

Neben Regner besteht „Die Lunikoff Verschwörung“ aus regelmäßig wechselnden Bandmitgliedern. Inhaltlich wie textlich knüpft die Band bruchlos an „Landser“ an. Einziger Unterschied ist, dass die Texte von „Die Lunikoff Verschwörung“ rechtsanwaltlich geprüft werden und nicht gegen Strafgesetze verstoßen.

Trotz der vielen Konzerte und des eigentlichen Kultstatus sinkt die Beliebtheit der Band. Versuche, sich aktuellen Themen wie der Flüchtlingspolitik ernsthaft anzunehmen, blieben ohne den gewünschten Erfolg.  

Dass die „Lunikoff Verschwörung“ aber immer noch zu den „Publikumsmagneten“ zählt, zeigen internationale Auftritte bei Neonazi-Konzerten. Absolvierte Auftritte in Schweden, Ungarn, Estland und in der Ukraine zeugen von einem derartigen Personenkult, den man sicher mit dem Kult um den 1993 verstorbenen Sänger der englischen Rechtsrock-Pionieren „Skrewdriver“ vergleichen kann. Jener gründete in den 10980er Jahren in Großbritannien das „Blood & Honour“-Netzwerk.

 

„Bataillon 500“: Aushängeschild von „Blood & Honour“  in Mecklenburg-Vorpommern

Durch die grenzenlose Verherrlichung des Nationalsozialismus, durch das Image einer Untergrund-Band und durch ihre Historie als Aushängeschild des „Blood & Honour“-Ablegers in Mecklenburg-Vorpommern gelten „Bataillon 500“ in der Neonazi-Szene als authentisch und gefestigt. Das rare Konzertgeschehen, sowie ihr konstantes Wirken im Rechtsrock-Geschäft lässt die Neonazi-Band umso attraktiver für langjährige Rechtsextreme wirken, da mit der Musik ähnlich wie bei „Landser“ eine Brücke in die eigene Vergangenheit und Politisierung geschlagen werden kann. Für junge Neonazis scheint die Rostocker Gruppe vor allem hinsichtlich ihres NS-verherrlichenden Charakters beeindruckend zu sein. Nach Eigenangaben steht „Bataillon“ bei „Schild & Schwert“ das erste Mal seit 18 Jahren wieder live auf der Bühne.
 

„Sons of Odin”:  „Blood & Honour”-Band

„Sons of Odin“ bezeichnen sich selbst als „100% RAC“, wobei „RAC“ die Abkürzung für „Rock Against Communism“ ist. In der rechtsextremen Szene ist dies der Sammelbegriff für rechtsextreme Rockmusik. Auch diese Band ist eindeutig im „Blood & Honour“-Netzwerk zu verorten. Neben dem bereits erwähnten David Allen Surette, genannt „Griffin“, der bereits am Freitag auftreten soll, besteht „Sons of Odin“ sonst ausschließlich aus Mitgliedern der ungarischen „Blood & Honour – Division“

Ihren ersten Auftritt absolvierte „Sons of Odin“ im März 2018 im Rahmen einer „288 Prospect-Party“ in Budapest. „288“ steht für „Blood & Honour Hungary“. Als „Prospect“ bezeichnet man den Anwärter, der seine Fähigkeiten und Loyalität unter Beweis stellen muss bevor er die Voll-Mitgliedschaft in der Gruppierung erlangt. Das „Sons of Odin“ ihren ersten Auftritt in solch einem Rahmen vollzogen, zeugt für die enge Anbindung der Neonazi-Musiker an das „Blood & Honour“-Netzwerk, welches 2000 in Deutschland verboten wurde.

 

„Sturmwehr“: Auch bei B&H-Konzerten in europäischen Ausland

Die etwa 1993 im Raum Gelsenkirchen gegründete Band „Sturmwehr“ ist eine der produktivsten und erfolgreichsten Rechtsrock-Bands in Deutschland. Seit 1995 veröffentlichte die Rechtsrock-Band über 40 CDs. Einige der Alben sind indiziert. Zusätzlich sind auch mehrere Split Veröffentlichungen, u.a. mit der Band „Sleipnir“, Wiederveröffentlichungen und Produkte verschiedener Nebenprojekte ebenfalls auf dem Index.

„Sturmwehr“ trat in der Vergangenheit immer wieder im Rahmen von Konzerten des „Blood & Honour“-Netzwerkes auf, vordergründig bei dessen Ablegern in Italien, Ungarn und Schweden. Dies dürfte u.a. an der Anbindung ihres ehemaligen Gitarristen Marco Eckert liegen. Dieser ist ebenfalls Gitarrist der Dortmunder Band „Oidoxie“, welche als musikalischen Aushängeschild des deutschen „Combat 18“-Ablegers (C18) gilt. „Combat 18“ ist der bewaffnete Arm des „Blood & Honour“-Netzwerkes, welches 2000 in Deutschland verboten wurde.

 

„Rechts rockt nicht“ widersetzt sich dem Hass-Event

Ein Zusammenschluss von Gruppen und Einzelpersonen will das Hass-Festival allerdings nicht unkommentiert lassen. Die Initiative „Rechts rockt nicht!“ ruft zum Widerstand gegen das geplante Nazi-Festival auf. Sowohl am Freitag, wie auch am Samstag soll es in Ostritz, ein vielfältiges Musik-Programm für die Zivilgesellschaft geben.

Ebenfalls an diesem Wochenende findet das „Friedensfest“ in Ostritz mit Musik Theater, Lesungen und Kino statt. Auch eine Menschenkette ist geplant.

Die Anwohner_innen und die verschiedenen Bündnisse hoffen mit einer breiten Mobilisierung, um den Neonazis zu zeigen, dass, auch wenn sie sich in die hinterste sächsische Provinz zurückziehen, sie nicht unbeobachtet und ihr Menschenverachtung nicht unwidersprochen bleiben.

Format: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

SS-Festival in Ostritz und die Polizei scheint heillos überfordert

$
0
0
Neonazis haben am Wochenende Ostritz gestürmt
0
BTN

Am Wochenende haben über 1.000 Neonazis im sächsischem Grenzort Ostritz Hitlers Geburtstag gefeiert. Zumindest für den Veranstalter, NPD-Mann Thorsten Heise, scheint das Event ein Erfolg gewesen zu sein, im Gegensatz zum Polizeieinsatz, der konzeptlos wirkte. Trotz vereinzelter Angriffe muss man von Glück sprechen, dass nichts Schlimmeres passiert ist.

 

Von Samira Alshater

 

Im sächsischen Ostritz, direkt an der Grenze zu Polen, hat am Wochenende das neonazistische Festival „Schild & Schwert“ im „Hotel Neißeblick“ stattgefunden. Den angereisten Neonazis wurde die komplette Bandbreite der rechten Erlebniswelt geboten: Von rechtsextremen Hardcore Bands, Tattoo-Convention, MMA-Kampf, rechtsextremen Merchandise, Redebeiträgen hin zu Balladen-Konzerten.  

  

Neonazi mit Ku-Klux-Klan-Tattoo. Quelle: BTN

 

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte am Freitag auf einer Gegenveranstaltung  in Ostritz, er möchte, dass niemand Angst haben müsse, wenn Nazis so eine Show abziehen. Allerdings blieb das an diesem Wochenende nur ein frommer Wunsch. Immer wieder kam es am Wochenende zu vereinzelten Angriffen auf Gegendemonstrant_innen und Journalist_innen. Sich im Dunkeln alleine auf den Straßen von Ostritz zu bewegen, war für viele beinahe unmöglich.

 

„Sicherheitsdienst Arische Bruderschaft“

Die Security des SS-Festivals trug einheitliche Shirts mit der Aufschrift „Sicherheitsdienst Arische Bruderschaft“ inklusive des Symbols der SS-Division „Dirlewanger“, die zur NS-Zeit in Polen ein Massaker anrichtete.  

Quelle: BTN

 

Die zuständigen Sicherheitsbehörden brauchten einen halben Tag um zu entscheiden, dass dies strafbar sei. „Auf Antrag der Staatsanwaltschaft stellt das Amtsgericht eine Anordnung der Beschlagnahme der Bekleidungsstücke, Banner und Plakate mit diesem Schriftzug aus“, twitterte die Polizei Sachsen. Doch offenbar genügte es, die Shirts lediglich falsch herum anzuziehen.

Quelle: BTN

 

Nicht die Demonstrant_innen sind das Problem, sondern die Neonazis!

Erschreckend war der Tenor der Ostritzer, die zwar das Festival nicht guthießen, dennoch eher das Problem bei den Gegenveranstaltungen sahen, denn nur durch die Aufmerksamkeit der Presse würde nun so ein Aufhebens gemacht. Erst durch die Anreise der linken Aktivist_innen befürchtete man Zusammenstöße. Schuldig für viele Ostritzer waren demnach nicht die Rechtsextreme sondern die Angereisten, die das Nazi-Even nicht unkommentiert stehen lassen wollten.

Eine ähnliche Meinung vertrat  interessanterweise auch der sächsische Innen-Staatssekretär Günther Schneider (CDU). Am Freitag verwickelte er am Pressebereich vor dem Festival zwei Pressevertreter_innen in eine Diskussion und meinte, dass das eigentliche Problem doch die Aufmerksamkeit und damit auch die Presse sei. Würde man die Neonazis einfach machen lassen, müsste man auch nicht um die Sicherheit im Ort fürchten. Außerdem kritisierte er, dass die Journalist_innen, so viele Fotos der Neonazis machen würden.

Quelle: BTN

 

Doch nicht nur die Journalist_innen machten Bilder, sondern auch die Polizei, die damit gleich noch die Anti-Antifa-Arbeit der Rechtsextremen übernahm: Das Social-Media Team der Polizei postete ein Bild von Recherche-Fotografen auf Twitter. Unter dem Tweet kommentierten sogleich die ersten Neonazis. Erst nach Hinweis eines Betroffen wurde das Bild gelöscht.

 

Bier für Nazis auf dem Friedensfest

Parallel zu dem Heise-Festival fand auf dem Marktplatz das „Friedensfest“ statt, was für Bürger_innen und Aktivist_innen eigentlich ein Safespace sein sollte, hätten sich dort nicht auch ständig Neonazis an den Bierständen mit Alkohol versorgt. Auf ihrem Gelände wurde –zumindest am Samstag – das Alkoholverbot offenbar strikt durchgesetzt. Auch Michael Regener, Sänger von „Die Lunikoff Verschwörung“ und der inzwischen verbotenen Band „Landser“ fand sich am Samstag auf dem Markt ein, um Bier zu trinken. Er wurde allerdings schließlich von aufmerksamen Beobachter_innen vertrieben.

 

Ab Samstag wurde das Alkoholverbot offenbar konsequent umgesetzt. Quelle: BTN

 

Anders sah die Situation auf dem „Rechts rockt nicht“-Konzert aus, das von Aktivist_innen organisiert wurde. Zumindest der eigene Ordner-Dienst sorgte dafür, dass sich hier kein Neonazi auf das Gelände „verirren“ konnte. Da die Polizei am Freitagabend nur noch sehr spärlich an der „Rechts rockt nicht“-Wiese vertreten war und die Veranstalter_innen die Sicherheit der Anwesenden nicht länger garantieren konnten, wurde das Konzert vorzeitig abgebrochen. Ständig liefen kleinere und größere Nazi-Truppen an dem Gelände vorbei, um sich im örtlichen Supermarkt mit Alkohol einzudecken oder um zu ihren Autos zu gehen, die sie auf dem Parkplatz des Demo-Konzerts abgestellt hatten. Doch nicht nur, dass die angereisten Nazi-Bands und die Kampfsportler auf diesem Parkplatz parken wollten, eine Band, die bei „Rechts rockt nicht“ spielen sollte, wurde von Polizeibeamt_innen an das „Schild und Schwert“-Festival verwiesen.

 

Nationalbefreite Zone im örtlichen Supermarkt

Absurd war die Situation, als auf dem Demo-Konzert selbst das alkoholfreie Bier verboten wurde, offenbar weil auch darin ein minimaler Anteil Alkohol enthalten ist. Die Neonazis hingegen konnten stockbesoffen durch den Ort marschieren und auch auf das Heise-Event gelanen, obwohl hier Alkohol-Verbot herrschte. So kam es, wie es kommen musste, die Neonazis versammelten sich beim örtlichen Supermarkt um sich volllaufen zu lassen. Hier herrschte in jener Zeit eine quasi Nationalbefreiten Zone. Wer den Neonazis nicht passte wurde gar nicht erst hineingelassen oder gleich durch das Dorf gejagt.

Jeweils am Anfang der Straße die zum SS-Festival führte, durchsuchte die Polizei am Samstag die Besucher_innen nach verdächtigen Gegenständen und Alkohol. Quelle: BTN

 

Raumnahme der Neonazis in Ostritz

Zu der fehlenden oder nicht funktionierenden Anfahrtskontrolle kommt hinzu, dass sich die Neonazis – auch in großen Gruppen – frei in Ostritz bewegen konnte. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Raumnahme am Samstag vollkommen gelang, als eine große Horde betrunkener Neonazis, NS-Parolen skandierend, durch Ostritz zog.

 

Neonazis stürmen Ostritz, Quelle: BTN

Frustrierend war zudem, dass immer wieder Neonazis offen mit verbotenen Symbolen vor den Augen der Polizisten herumliefen ohne dass diese eingriffen. In einigen Fällen wurden Polizeibeamte tätig, als sie von den anwesenden Journalist_innen aufgeklärt und auf einzelne Personen hingewiesen wurden. In den meisten Fällen fühlten sich die angesprochenen Beamt_innen allerdings nicht zuständig.

Quelle: BTN

Sinnbildlich war die Situation, als ein Neonazi auf seinem Weg zum SS-Festival vor etwa fünf aufgereihten Polizisten vorbei marschierte und den Hitlergruß den hinter den Beamten stehenden Journalist_innen zeigte – kein Polizist regte sich, um den Faschisten festzuhalten und am Betreten des Geländes zu hindern. Ein Beamter meinte später, der Neonazi wollte eben mit dem rechten Arm die Journalist_innen grüßen und außerdem sei die Körperhaltung nicht die eines Hitlergrußes gewesen. Aha.

Eine Genugtuung war es dann, als eben jener Neonazi das Gelände wieder verließ und mehrfach „eindeutig“ den Deutschen Gruß zeigte und schließlich abgeführt wurde. 

Quelle: BTN

 

Klassisches Neonazi Skinhead-Publikum

Das Publikum des „Schild und Schwert“-Festivals bestand überwiegend aus klassischen Alt- und Sauf-Nazis. Es wirkte beinahe so, als hätten sich die Rechtsextremen extra für dieses Wochenende noch mal die krassesten T-Shirts rausgesucht. Auch das Festival an sich war überflutet von Symbolträchtigkeit. Interessant ist, das mindestens zwei Mitglieder der „Kontrakultur“, einem Ableger der „Identitären Bewegung“ in Halle, in Ostritz anwesend waren. Einer ist Andreas Karsten. Bis vor kurzem stand er noch wegen des Vorwurfs der Nötigung und Körperverletzung vor Gericht.

Andreas Karsten Quelle: BTN

Daneben waren noch verschiedene Kampfsportler für den Show-Kampf vom „Kampf der Nibelungen“ anwesend, darunter unter anderem Tomasz Szkatulski aus Frankreich. Seine Verehrung für Rudolf Heß trägt er in Form eines Portrait-Tattoos stolz auf der Brust, auf seinem Hals steht „White Power“. Szkatulski gehört zum französischen „Blood & Honour“-Netzwerk. Er ist Kampfsportler für das Team der Neonazi-Marke „Pride France“.

 

Großer Presseandrang

Nicolai Nerling, offenbar bestens in der rechtsextremen Szene vernetzt und Betreiber des YouTube-Accounts   „Volkslehrer“ war beim SS-Festival und suchte das Gespräch mit den Journalist_innen, um im Scheinwerferlicht der Kameras Monologe abzuhalten. Auf sein Gejammer, über die Unterdrückung des weißen heterosexuellen Mannes, belustigte sich ein Polizeibeamter über die inszenierte Opferrolle: „Ja der arme weiße Mann hat es schon schwer.“

 

Nicolai Nerling Quelle: BTN

Auch Heise scheint den Presseandrang am Samstag während einer Pressekonferenz genossen zu haben. Viele Journalist_innen knieten sprichwörtlich vor den Neonazis - etliche Kameras und Mikrofone auf die zum Teil verurteilten Gewalttäter und Volksverhetzer gerichtet.  

Thorsten Heise Quelle: BTN

 

Auch B&H-Kader waren in Ostritz vertreten, neben einigen Deutschen waren auch Mitglieder aus der Schweiz, Österreich und Ungarn angereist. Einige Aktivist_innen oder Unterstützer_innen trugen ihre Sympathie für die in Deutschland verbotene Vereinigung stolz auf ihren Shirts oder als Tattoo auf der Haut. Auch Combat 18 war in Ostritz vertreten, zumindest auf Shirts – obwohl auch das in Deutschland verboten ist.

Quelle: BTN

 

Interessant ist, wer nicht dort war. So war kein relevanter Vertreter der rechtsextremen Splitterpartei „Der III. Weg“ in Ostritz anwesend. Diese Nationalsozialisten hatten einfach keine Lust auf die Sauf-Nazis und den Konsum. Und auch einige wichtige Personen aus dem deutschen B&H-Spektrum fehlten in Ostritz. Vermutlich sind sie zur „Night of Identity“ nach Polen gefahren.   

 

Quelle: BTN

 

Progressiveres Konzert in Polen von B&H

Entgegen unseres Berichts, dass die „Night of Identity“ von „Club 28 Division Poland“ der polnischen „Blood & Honour“-Sektion „Night of Identity“ aus Rücksicht vor dem Heise-Festival abgesagt wurde, sollte diese Hardcore-Hass-Veranstaltung nun doch in Polen stattfinden. Allerdings wurde dieses B&H-Konzert mit Hilfe einer polnischen Anti-Terror-Einheit verhindert. Neben Propaganda—Material wurden offenbar auch Drogen gefunden.

In der polnischen Presse war von zwei Festnahmen der unmittelbaren Konzert-Organisatoren die Rede. Es soll sich dabei um Pjotr „Dziki“ Gierczak und Krzysztof Tomasz Slowinski, Spitzname „Nachtigall“, offenbar Chef von B&H in Polen, handeln. Krzysztof Tomasz Slowinski war letztes Jahr Besucher des großen Neonazi-Fest in Themar.

 

Mehr zum Thema:

 

Format: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

Bilder vom Neonazi-Festival "Schild und Schwert" in Ostritz

$
0
0
Neonazi mit "Blood & Honour"-Pulli
0
BTN

Am Wochenende haben rund 1.000 Hitler-Fans den Geburtstag ihres toten Führers in der kleinen Grenzstadt Ostritz gefeiert. Parallel dazu fanden nur wenige Meter entfernt Gegenveranstaltungen statt. Hier unsere Bilder.

 

Von: Belltower.News

 

Am Wochenende, vom 21. Bis zum 22. April, haben über 1.000 Neonazis im sächsischem Grenzort Ostritz Hitlers Geburtstag gefeiert. Für den Veranstalter, NPD-Mann Thorsten Heise, scheint das Event ein Erfolg gewesen zu sein. 

Das zweitägige Event folgte dem Trend zu immer größeren und professionelleren Veranstaltungen dieser Art, die über die klassische Kundgebung im öffentlichen Raum mit ein paar Rechtsrock-Acts hinausgehen. Und dennoch ist die Form eines zweitägigen Neonazi-Festivals neu. Mit einem breiten Angebot aus Konzerten, Tattoo-Convention, Redebeiträgen und Verkaufsständen haben auch die Kassen der Neonazis geklingelt. Das als politische Versammlung angemeldete Festival kostete zwischen 15 und 45 Euro Eintritt.

 

Hier unsere Bilder vom Wochenende in Ostritz

 

 

 

 

"Schild und Schwert"-Festival in Ostritz

 

Hier einer der zahlreichen Hitletgrüße an diesem Wochenende:

video-1524430491

Format: 
Region: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

AfD-Anfrage: Wie viele Sinti und Roma leben in Sachsen?

$
0
0
0
Screenshot

Die Aufregung und Empörung über den Vorstoß des italienischen Innenministers Matteo Salvini von der rechtsextremen Lega Nord, eine Zählung von Sinti und Roma in seinem Land durchzuführen, ist immer noch enorm. Ähnliche Vorstöße gibt es auch in Deutschland - von der AfD. 

 

Von Kira Ayyadi

 

Am 13. Juni 2018 stellte der AfD-Landtagsabgeordnete Carsten Hütter eine kleine Anfrage an den sächsischen Landtag. Zum einen will Hütter wissen, wie viele Sinti und Roma seit 2010 in Sachsen leben, aufgeschlüsselt nach deutscher und anderer Staatsangehörigkeit – denn die deutschen Sinti und Roma seien nicht das Problem, wie es 2015 von der AfD Thüringen hieß. Über den Vorschlag, Sinti und Roma zählen zu lassen, hat Belltower.News bereits an anderer Stelle berichtet. Außerdem will Hütter unter anderem wissen, wie viele der Sinti und Roma Schüler*innen sind und ob die Schulpflicht hier eingehalten werde.

Zu den gängigen Vorurteilen, denen sich Sinti und Roma bis heute ausgesetzt sehen, gehört eine scheinbare Bildungsferne. Im Nationalsozialismus durften Sinti und Roma keine Schulen besuchen - danach hatten viele Eltern der Minderheit emotionale Probleme damit, ihr Kinder in Schulen zu schicken, in denen die gleichen rassistischen Lehrer*innen weiter unterrichten durften. Wie eine Studie von 2016 herausstellte, sind Schulen für Sinti- und Roma-Kinder in Deutschland nach wie vor keine sicheren Orte. Die Schule ist oft der erste Ort, an dem die Kinder der Sinti und Roma mit Vorurteilen konfrontiert werden.

Darüber hinaus möchte Hütter von der Landesregierung noch Informationen zur Wohnsituation und Sozialleistungen erhalten. Allerdings dürften seine Aussichten auf Antworten ziemlich erfolglos sein, schließlich werden in Deutschland keine Ethnien gezählt. Dementsprechend kann die Landesregierung hier gar keine Antworten liefern, weil es schlicht keine Zahlen zu gibt - und das ist auch gut so.

 

Quelle: Screenshot

 

Sind für Tillschneider alle Bulgaren und Rumänen in Deutschland Sinti oder Roma?

Etwas besser kennt sich da der Rechtsaußen-AfD-Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider aus. Auch er wollte vergangenes Jahr etwas über Sinti und Roma wissen, um diese weiter zu stigmatisieren. Der Abgeordnete in Sachsen-Anhalt wollte von der Landesregierung wissen, wie viele Sinti und Roma in seinem Bundesland leben. „Sollte die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Sinti und Roma nicht erfasst werden, frage ich, wie viele bulgarische und rumänische Staatsangehörige insgesamt im Land Sachsen-Anhalt leben“, ist in seiner Anfrage zu lesen.

 

Hans-Thomas Tillschneider bei einer AfD-Demo in 2018 Berlin. Quelle: BTN

Natürlich sind nicht alle Bulgaren und Rumänen Sinti oder Roma und natürlich sind auch nicht alle in Deutschland lebenden Sinti und Roma gebürtig aus Bulgarien und Rumänien. Aber um Korrektheit geht es Tillschneider nicht, der übrigens in Rumänien geboren wurde. Seine Anfrage „Straffälligkeit von EU-Bürgern aus der Volksgruppe der Sinti und Roma“ implizieren bereits, dass Sinti und Roma Kriminelle und Schmarotzer seien, die das Sozialsicherungssystem ausnutzten.

"Die Fragen der AfD zielen offenkundig auf die Diffamierung von Sinti und Roma als Straftäter. Die Fragen implizieren, dass Roma aus Bulgarien und Rumänien Kriminelle und Schmarotzer seien, die das Sozialsicherungssystem ausnutzten", so Herbert Heuss, vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma dazu gegenüber Belltower.News. "Unterschiede zwischen NPD und AfD sind marginal; leider aber werden deren Positionen – auch durch deren regelmäßige Provokationen, oder eben Anfragen – mehr und mehr als „normal“ betrachtet und oft genug von anderen Politikern übernommen, um Meinungen des rechten Randes abzudecken." 

Ähnliche AfD-Anfragen zu Sinti und Roma

Eine ähnliche kleine Anfrage wurde 2015 von Abgeordneten der AfD in Hamburg mit dem Titel „Integration von Roma“ gestellt. 2014 stellte die AfD im Thüringer Landtag die Kleine Anfrage „Abschiebung und Abschiebehindernisse II“, in welcher der Protest gegen die Abschiebung von Roma-Familien als kriminelle Tat dargestellt wurde. In Berlin stellten Abgeordneten der AfD 2017 eine Kleine Anfrage an den Senat, in der versucht wurde, den Roma-Verein Amaro Foro mit vermeintlich linksextremen Organisationen in Verbindung zu bringen.

 

AfD-Anfragen: Diffamierung der Gegner

Vom Recht, der Regierung Fragen zu stellen, macht traditionell vor allem die Opposition Gebrauch – es ist ein Instrument parlamentarischer Kontrolle. Die AfD hat daran offenbar großen Gefallen gefunden. Sie nutzt das Instrument der parlamentarischen Anfrage, um unliebsame politische Gegner, Geflüchtete, Muslime, aber auch Sinti und Roma zu diffamieren. Schaut man sich die Anfragen der AfD an, fällt auf, dass diese in den meisten Fällen immer erstaunlich kurz sind und offenbar nur mit Minimalaufwand erstellt wurden. Die AfD-Abgeordneten versuchten sich selbst als „Anwälte der Bürger*innen“ darzustellen, beispielsweise in dem sie aufzuzeigen versuchen, an welchen Punkten der Staat vermeintlich Steuergelder an Sinti und Roma verschwendet. Auffallend ist jedoch, dass die Anfragen, sowohl auf Bundes- wie auch auf Landesebene oft stümperhaft sind.  

Im Falle der Hütters-Anfrage zur Auflistung von Sinti und Roma in Sachsen ist es möglich, dass dem Antragsteller einfach unbekannt ist, dass es keine Erfassung von Sinti und Roma in Deutschland gibt. Vielleicht ist der Sinn der Anfrage aber schlicht Provokation. Schließlich gehört es zum Konzept der AfD, stetig neue und weitere rote Linien zu überschreiten und die Grenzen des Sagbaren immer stärker auszudehnen.

 

"Das fatale an Anfragen wie dieser in Sachsen-Anhalt," so Heuss, "ist daß sie auch in den Herkunftsländern wahrgenommen werden und dort dann alleine Roma für jedwede negative Darstellung verantwortlich gemacht werden – und damit die schwierige Situation von Roma dort weiter verschärfen."

 

Ressorts (Netz gegen Nazis): 
Format: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

Jetzt bewerben für den Sächsischen Förderpreis für Demokratie!

$
0
0
Die Ausschreibung für den Sächsischen Förderpreis für Demokratie läuft bis zum 24.08.2018. Jetzt bewerben oder Projekt empfehlen!
0
Amadeu Antonio Stiftung
www.demokratiepreis-sachsen.de

Ausschreibung der Amadeu Antonio Stiftung startet: Sachsen verändert sich. Es gibt mehr Herausforderungen, mehr Engagement und mehr Dissens in wichtigen Fragen. Aber es gibt auch viele neue Aktive sowie viele seit langem Engagierte, die sich für eine lebendige, respektvolle Debattenkultur und ein demokratisches Miteinander vor Ort einsetzen. Diese Initiativen zu ermutigen und zu stärken, dafür steht der Sächsische Förderpreis für Demokratie.

 

Jetzt bewerben und nominieren!

 

Ab sofort können sich Projekte und Initiativen mit ihrem Engagement für Menschenrechte, den Schutz von Minderheiten und mehr Demokratie vor Ort um den Sächsischen Förderpreis für Demokratie 2018 bewerben oder von Dritten nominiert werden.

Der Projektpreis ist mit 5.000 Euro dotiert. Ab diesem Jahr vergeben die Stiftungen außerdem einen jährlichen branchen- bzw. themenbezogenen Sonderpreis, der mit 2.000 Euro dotiert ist.

Der Sonderpreis 2018 wird ausgeschrieben für den Bereich Schule.

 

Und auch 2018 sind wir gespannt auf Einreichungen für den Kommunenpreis: von Stadt- oder Dorfgemeinschaften, die mit ihrem Beispiel zeigen, wie eine offene, solidarische Gemeinde aussieht, in der alle Bewohner*innen einen Platz haben, Sicherheit, Gehör und Zukunftsperspektiven finden.

 

Bewerbungsschluss ist der 24. August 2018.

 

Mehr Infos und alle Bewerbungsunterlagen unter: http://demokratiepreis-sachsen.de.

Wir freuen uns auf Ihre Einreichungen!

Ressorts (Netz gegen Nazis): 
Format: 
Region: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

Und jetzt? Stimmen zum NSU-Urteil: "Geradezu eine Aufforderung an Neonazis, weiter zu machen"

$
0
0
Protestaktion vor dem Gerichtsgebäude in München währen der Urteilsverkündung im NSU-Prozess am 11.07.2018
0
AAS
www.amadeu-antonio-stiftung.de

Nach fünf Jahren NSU-Prozess war schon klar, dass zentrale Fragen zu den Verbrechen des NSU hier keine Antworten finden. Die Urteilsbegründung im NSU-Prozess ist noch im Gange, doch die Strafmaße für die fünf Angeklagten senden zwiespältige Signale. Wir sammeln Momentaufnahmen und Einschätzungen zum NSU-Prozess.

 

Von der Redaktion

 

Die Strafmaße stehen: Beate Zschäpe ist wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und als Mittäterin bei 10 Morden, 2 Bombenanschlägen, 17 Raubüberfällen, einem Mordversuch auf zwei Polizeibeamte und eine Brandlegung zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Sicherheitsverwahrung wird nicht verhängt, aber eine besondere schwere der Schuld festgestellt - das heißt, sie kann nicht mit einer frühzeitigen Haftentlassung rechnen. Ralf Wohlleben wird als schuldig der Beihilfe zum Mord durch Lieferung einer Tatwaffe in neun Fällen erkannt - 10 Jahre Haft. Gefordert hatte die Staatsanwaltschaft 12 Jahre. André Eminger ist der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung schuldig gesprochen worden, nicht aber der Beihilfe zum Mord. Er ist zu 2 Jahren und sechs Monate Haft verurteilt worden, obwohl die Staatsanwaltschaft 12 Jahre wegen Beihilfe zu den Morden gefordert hatte - und bekommt damit sogar weniger Strafe als der geständige und bei der Aufklärung hilfreiche Rechtsextremismus-Aussteiger Carsten Schultze, der wegen Beihilfe zum Mord zu 3 Jahren Haft nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde. Holger Gerlach wird wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu 3 Jahren Haft verurteilt (stat 5, die die Staatsanwaltschaft forderte).
 

 

 

Insofern fallen alle verhängten Strafen niedriger aus, als von der Staatanwaltschaft gefordert, außer der Strafe für den einzigen Angeklagten, der sich als Aussteiger glaubhaft von der rechtsextremen Szene distanziert und bei der Aufklärung der Verbrechen des NSU aktiv geholfen hat. 

 

Einschätzungen zum Urteil

Nebenklageanwalt Mehmet Daimagüler sagt Belltower.News am Telefon: "Das Urteil gegen Zschäpe ist konsequent. Die Urteile gegen André E. und Ralf Wohlleben sind dagegen zu milde ausgefallen. Gerade die zweieinhalb Jahre für E. sind ein verheerendes Signal an die Nazi-Szene. Das er geschwiegen hat, ist sein gutes Recht. Aber es hat sich für ihn gelohnt, nicht mit dem Gericht zusammenzuarbeiten."

 

Nebenklageanwalt Alexander Hoffmann sagt bei einer Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude: "Auf den zweiten Blick ist das Urteil ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die sich für Aufklärung eingesetzt haben, die Aufklärung des gesamten NSU-Komplexes. Zwar wurde Beate Zschäpe (...) zu lebenslang verurteilt, mit besondere Schwere der Schuld. Sie wird also keine Möglichkeit haben, schon nach 15 Jahren entlassen zu werden. Aber die Personen, die Beihilfe zum Mord verübt haben, haben sehr milde Strafen erhalten. Ralf Wohlleben ist verurteilt worden, weil er Beihilfe am Mord von 9 Personen verübt hat. Er ist zu 10 Jahren verurteilt worden - das kann heißen, dass er als freier Mann hier herausgeht bis zur Revision. Und dann gegebenenfalls wieder ins Gefängnis kommt. Andre Eminger, der den NSU von 1998 bis 2011 unterstützt hat, ist freigesprochen worden von der Beihilfe des versuchten Mordes bei der ersten Bombe in Köln. Er ist verurteilt worden zu einer Strafe von 2 Jahren und 6 Monaten. Er ist Unterstützer einer terroristischen Organisation von 1998 bis 2011, und bekommt dafür 2 Jahre und 6 Monate! In welchem anderen Terrorverfahren, gegen Islamisten, gegen Linke, hätte es eine solche Strafe gegeben? Für einen Steinwurf bei G20 gibt es mehr! Der vorsitzende Richter, Manfred Götzl, hat viele Urteile gefällt. Er hat noch nie ein mildes Urteil gefällt. Warum gibt es dieses milde Urteil, was ist der Sinn dahinter? Es hat nur ein Ziel: Die falsche Anklage, die Lüge vom isolierten Trio, soll aufrecht gehalten werden. Um jeden Preis soll es nur drei Täter gegeben haben. Und in diesem Zusammenhang hätte es nicht gepasst, wenn man hätte feststellen müssen, dass etwa Wohlleben nicht nur die Waffe besorgt hat, sondern die Gruppe über lange Zeit unterstützt hat, schon lange Mitglied in der Gruppe war, und dass Eminger über so einen langen Zeitraum Unterstützungsleitungen gemacht hat. Es war eben so, dass nach der Beweisaufnahme klar war, dass die drei in Chemnitz durch die Unterstützung von Blood and Honour Sachsen mit allen versorgt wurden, dass da ein ganzes Netzwerk existierte, dass bereit war, die Kameraden mit Waffen zu versorgen, mit Geld, mit allem, was sie brauchen. Wir konnten herausarbeiten, dass es deutlich mehr Unterstützung gab, sogar Mitglieder des NSU. Wir haben erfolgreich deutlich gemacht, dass wir erst am Anfang der Aufklärung sind über Nazis in Deutschland und die Verstrickung des Verfassungsschutzes. (...) Der Staatsschutzsenat versucht hier, den Schlussstrich zu ziehen. Was ist die Botschaft dieses Urteils? Nazis können losziehen, können über zwei Jahrzehnte bewaffnete Personen unterstützen, und gehen mit zweieinhalb bis drei Jahren Haft hier heraus. Das ist eine Aufforderung an Neonazis, weiter zu machen!"
 

 

Elif Kubaşik, Witwe des durch den NSU ermordeten Mehmet Kubaşik, kommentierte das Strafmaß beiden Angeklagten ironisch: "Vielen Dank an das Gericht für diesen weiteren schweren Schlag durch das milde Urteil vor allem gegen die Angeklagten Eminger und Wohlleben." (vgl. ZEIT).

 

Beobachtungen in München

Rachel Spicker von der Amadeu Antonio Stiftung beobachtet die Gegenkundgebungen vor dem Gerichtsgebäude und berichtet: "Die Stimmung hier ist von Unmut und Ratlosigkeit geprägt. Warum haben das milde Urteil gegen Eminger, das harte gegen Carsten Schultze? Warum benennt der Richter wirklich keine weiteren Teile des NSU-Netzwerks außer den Angeklagten? Menschen, die den Prozess beobachten wollten, haben seit Mitternacht angestanden. Das haben auch viele Rechtsextreme aus dem Umfeld der Kameradschaft Süd, die heute zu 'Die Rechte' gehören, gemacht. Sie sind vor allem als Anhänger von André Eminger und Ralf Wohlleben hier. Es sind Rechtsextreme aus Bayern und Thüringen, und sie haben von Anfang an andere in der Schlange angestarrt und angepöbelt, Migrant*innen, Journalist*innen, Aktivist*innen. Mindestens 15 Rechtsexterme, 13 Männer und 2 Frauen, sind auch auf die Zuschauertribüne gekommen."

 

 

Eine weitere Kollegin beobachtete den Prozess von der Zuschauertribüne: "Wo ich sitze, sitzen auch rund 10 Neonazis, die immer wieder auch Stress mit den Umsitzenden anfangen. Die Stimmung ist angestrengt. Bei der Urteilsverkündung rief Ismail Yozgat, der Vater des ermordeten Halit Yozgat, auf Arabisch: 'Es gibt keinen Gott außer Gott!' als Ausruf der Verzweiflung - und Richter Götzl wies ihn sofort zurecht, er brauche Ruhe im Gerichtssaal. Als das Urteil für André Eminger verkündet wurde, klatschten die Neonazis auf der Tribüne - und wurden nicht zurechtgewiesen. In der Pause kommentierte einer der Neonazis: 'Wir haben gewonnen.' Gut allerdings: Richter Götzl nimmt Beate Zschäpe als Täterin sehr ernst, nutzt im Bezug auf die Morde Formulierungen wie 'im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Frau Zschäpe'. Später sagt Richter Götzl, er habe "Zweifel an der Glaubwürdigkeit großer Teile" der Einlassung von Beate Zschäpe. Sie habe deutliche Tatbeiträge geleistet durch die Vernichtung von Beweismaterial und Veröffentlichung des Bekennervideos. Die Ideologie des NSU beschreibt er als 'ausländerfeindlich, antisemitisch und staatsfeindlich'. Als er am Ende der Urteilsverkündung erklärt, dass die Vorwürfe der Beihilfe zum Mord gegen André Eminger nicht zu halten wären und verkündet, dass dieser das Gericht heute abend verlassen darf, weil der Haftbefehl aufgehoben wird, klatschen und johlen die Neonazis auf der Tribüne. Über Ralf Wohlleben sagt Götzl, der sei ja 'besonders haftempfindlich', da er Familenvater sei."

 

 

 

Mehr zum NSU-Prozess auf Belltower.News:

 

DIE DOKUMENTATION DES NSU-PROZESSES AUF BELLTOWER.NEWS FINDEN SIE HIER:

Ressorts (Netz gegen Nazis): 
Format: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

Connewitz-Angriff: Hooligan-Prozess in Leipzig

$
0
0
In wenigen Minuten zerstörten etwa 250 rechte Hooligans im Leipziger Stadtteil zahlreiche Geschäfte, auch Passanten wurden angegriffen und eine Dachgeschosswohnung ging in Flammen auf. Seit der Pogromnacht 1938 gab es in Leipzig keinen derart massiven Angriff.
0
Flickr.com / De Havilland / CC BY2.0
https://www.flickr.com/photos/de_havilland/23694625724/

Am 11. Januar 2016, am Rande des einjährigen Bestehens von Legida, randalierten über 200 Neonazis und rechte Hooligans durch den alternativen Leipziger Stadtteil Connewitz. Dort ist auch die Fanszene der BSG Chemie Leipzig beheimatet. Es sollte ein Fanal gegen die als links geltende Fanszene sowie die staatliche Migrationspolitik werden. Im August 2018 beginnen die ersten Prozesse.

 

Von Robert Claus, dieser Text ist zuerst  "Werkstatt-Blog" erschienen

Die Gruppe organisierte ihre Aktion geheim und bestens vorbereitet. Zahlreiche Fensterscheiben lokaler Geschäfte wurden eingeworfen, Autos angezündet. Ein Schaden von 112.000 Euro entstand. Der Polizei gelang es an jenem Abend, über 200 Tatverdächtige festzunehmen: neben einer Reihe an rechter Politprominenz aus Sachsen vor allem Hooligans aus fast allen Fanszenen der Region. Szenekundige Beamte ordneten sie wie folgt zu: Lok Leipzig (41), Hallescher FC (1), Dynamo Dresden (16), Rot-Weiß Erfurt (4), Carl-Zeiss Jena (2), Chemnitzer FC (1), RB Leipzig (1). 39 von ihnen waren auch in der umstrittenen Datei „Gewalttäter Sport“ verzeichnet. Somit befindet sich die Gruppe dieses Übergriffs in einer langen Tradition der Vernetzung zwischen Neonazis und rechten Hooligans in Sachsen. Sie reicht zurück bis zu den „Skinheads Sächsische Schweiz“ (SSS) und den „Hooligans Nazis Rassisten“ (HooNaRa).

Das Verfahren wird ein Justizmarathon, weshalb immer Verhandlungen gegen zwei Angeklagte zugleich geführt werden. 73 derartige Prozesse sind am Amtsgericht Leipzig geplant, Verfahren gegen elf weitere Beschuldigte wurden bereits an die Generalstaatsanwaltschaft Dresden abgegeben. Dort wird es auf den Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung hinauslaufen. Am 16. August findet der erste Prozesstag gegen zwei Angeklagte in Leipzig statt. Sie kommen aus der Fanszene des 1. FC Lokomotive.

 

Mittendrin: Hooligans vom Imperium FC

Von dort wiederum stammt auch das Imperium Fighting Team (IFT). Das IFT betreibt ein Mixed-Martial-Arts-Gym in Leipzig. Mehrere Hooligans, die dort trainieren, befanden sich unter den Festgenommenen. Zudem veranstaltet das IFT die Imperium Fighting Championship – ein Mixed-Martial-Arts-Event. Die letzte fand im August 2016 vor rund 1.500 Zuschauer*innen im Leipziger Kohlrabizirkus statt. Knapp die Hälfte der Anwesenden stammte – deutlich an Kleidungsmarken und Tattoos erkennbar – aus dem sächsischen Rechtsextremismus sowie der lokalen Hooliganszene. Dort gewann auch Timo Feucht seinen Kampf gegen den Nürnberger Daniel Dörrer und stieg zur Nummer zwei im Halbschwergewicht der deutschen Rangliste in MMA auf. Ein Jahr später verlor er einen Titelkampf in Brasilien und musste einen für April 2018 in Halle angesetzten Kampf aufgrund einer mutmaßlich bei einem Ackermatch gegen Cottbusser Hools gebrochenen Hand wieder absagen. Auch Feucht wurde im Januar 2016 festgenommen.

Allein am Beispiel Feuchts wird ersichtlich, dass es sich bei rechten Hooligans nicht mehr um eine – wie früher – lose organisierte Jugendkultur handelt, sondern um eine international vernetzte, gut organisierte Kampfsportszene. Kaum ein Gym steht derart symbolisch für die Professionalisierung des rechten Hooliganismus in Deutschland wie Imperium. Der anstehende juristische Marathon ist somit auch eine Chance, die engen Verbindungen aus sächsischem Rechtsextremismus und professionellen Hooligan- sowie Kampfsportnetzwerken genauer zu beleuchten. Die sächsische Justiz kann nun beweisen, wie ernst sie dies nimmt.

 

Robert Claus, Jahrgang 1983, forscht, hält Vorträge und publiziert zu den Themen Fankulturen, Hooligans, Rechtsextremismus, Männlichkeiten, Soziale Bewegungen und Gewalt. Zuletzt erschien von ihm „Hooligans. Eine Welt zwischen Gewalt, Fußball und Politik“.

 

Mehr zum Thema auf Belltower.News:

Ressorts (Netz gegen Nazis): 
Format: 
Region: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

Dresden: Wenn der LKA-Gutachter als #Hutbürger auf die Presse losgeht

$
0
0
Das Sächsische Innenministerium verlautbart am 22.08.23018, dass der Pegida-Demonstrant, der ein Kamerateam des ZDF anging und an der Arbeit hinderte ein Mitarbeiter des Landeskriminalamtes ist.
0
Screenshot Twitter, 23.08.2018

Während Menschen auf Twitter noch über den Pegida-#Hutbürger und die #Pegizei spotten, zeigt sich in Sachsen die erschreckende Wirksamkeit der Pegida-Narrative in den Staatsorganen von der Polizei bis zur Politik.

 

Von Simone Rafael

 

Wer in Sachsen auch nur einmal über Pegida als Journalist*in berichtet hat, weiß, dass die sächsische Polizei im Zweifel lieber Pegida schützt als Gegendemonstrant*innen – und dass sie zu den Gegendemonstrant*innen im Zweifelsfalle die  Journalist*innen zählt. Das ist natürlich nicht korrekt, denn die Aufgabe von Journalist*innen ist es ja, als möglichst objektive, nicht aktive, sondern nur teilnehmende Beobachter*innen über die Demonstrationen zu berichten. Aber die „Lügenpresse“-Rufe von „Pegida“-Demonstrationen wirken eben auch auf diese Weise.

 

Das Narrativ der „Lügenpresse“ und die Folgen in der Polizeiarbeit mit Journalismus

Der freie Journalist Arndt Ginzel  und sein Kameramann, die für die ZDF-Sendung „ Frontal 21“ in Dresden berichten wollten, haben mögliche Folgen dieser Praxis dokumentiert, als sie am 16.08.2018 versuchten, über die „Pegida“-Demonstration  gegen den Besuch von Bundeskanzlerin Merkel einen Filmbeitrag zu drehen. Der Kameramann filmt zur Demonstration laufende Pegida-Anhänger*innen – in Gruppen, nicht auf einzelne Menschen fokussiert, klassische „Schnittbilder“, auf die später der Redakteur Text sprechen kann. Doch es kommt zu einem Zwischenfall: Ein nicht zu den Journalisten gehörender Passant beschimpft eine Pegida-Gruppe, ein Mann im braunen [sic] T-Shirt fühlt sich angesprochen, und sein Begleiter mit Deutschlandfahnen-Fischerhut wird des Kameramannes gewahr, das er und andere zunächst mit „Lügenpresse“-Rufen bedenken – für Pegida leider „normal“.

 

 

Dann wird es skurril: Der #Hutbürger, wie auf Twitter so passend gehashtaggt wird, läuft auf dem Kameramann zu und beschimpft ihn, er dürfe nicht von vorn gefilmt werden, dass sei eine Straftat. Der Kameramann, der ihn ja gar nicht als Einzelperson gefilmt hat, reagiert naheliegend: „Gehen Sie doch einfach weiter“.  Doch der Mann denkt nicht daran, droht mit Polizei. Die steht auf der anderen Bürgersteig-Seite und tut an dieser Stelle nichts (weder den Kameramann schützen noch den Hut-Mann unterstützen). Schließlich werden die Presseausweise von Kameramann und inzwischen eingetroffenem Reporter überprüft – und es gibt nichts zu beanstanden. Dann fällt dem Pegida-Fan im braunen T-Shirt ein, eine Anzeige wegen Beleidigung stellen zu wollen – gegen den Reporter, der gerade erst gekommen ist. Und ab da beginnt eine „polizeiliche Maßnahme“ gegen die Journalisten, die nun 45 Minuten an ihrer Arbeit gehindert werden. In diesem Fall ist das ärgerlich für die betroffenen Journalisten, aber es waren andere Kolleg*innen vor Ort, die Berichterstattung sichergestellt haben. Es sind aber auch Fälle denkbar, in denen entsprechende Maßnahmen die einzigen Journalist*innen vor Ort treffen – und damit die Pressefreiheit empfindlich beschnitten und Berichterstattung verhindert wird.

Film vom Vorfall:

 

Anzeigen als Strategie

In Sachsen ist das keinesfalls Einzelfall. Wie etwa Alexander Schindler, Redakteur der Sächsischen Zeitung, auf Facebook berichtet, Henrik Merker vom Störungsmelder oder der Blog News-photo.de von der letzten “Pegida”-Demonstration am Montag . Schlimmer geht es auch immer: Fotojournalist Björn Kietzmann  berichtet heute vom Freispruch gegen einen rechtsextremen Demonstranten in Leipzig, der 2015 bei einer Legida-Demonstration einen Videojournalisten angegriffen hatte (vgl. Spiegel) – ihm sei kein Vorsatz nachzuweisen. Fotos sprechen eine andere Sprache (vgl. Twitter).

Wie sich inzwischen herausgestellt hat, war auch der jetzige Dresdner Versuch durch Pegida-Anhänger, journalistische Berichterstattung zu verhindern, kein spontaner Ausbruch, sondern gezielte und offenbar auch wirkungsvolle Strategie, denn die Polizei vermag nach der Anzeige plausibel zu begründen, warum sie die Journalisten festhält (wenn auch unverhältnismäßig lange).

Der #Hutbürger, so musste das Sächsische Innenministerium inzwischen kleinlaut vermelden, ist „Tarifangestellter des LKA Sachsen“.  Der Anti-Presse-Pöbler, der so gern mit Strafanzeigen droht, arbeitet also im Landeskriminalamt, auch wenn bisher unklar ist, als was. Zu Pegida geht er offenbar auch schon länger gern, wie ein Foto bei den „Ruhrbaronen“ zeigt. Die Welt berichtet, er sei Tarifangestellter im Ermittlungsdezernat für Wirtschaftskriminalität und trete für das LKA auch bei Gericht auf.

Sein Mitdemonstrant im braunen Shirt, der die Journalisten anzeigt und die „polizeiliche Maßnahme“ nötig macht, ist weder unerfahren noch unbekannt: René S., dessen Facebook-Profil offenen Rassismus zeigt,  wohnt in Freital, wo er nicht nur 2015 als Bürgermeister kandidierte, sondern auch einer Mitorganisatoren der Anti-Asyl-Proteste der „Bürgerinitiativen“ „Freital wehrt sich – Nein zum Hotelheim“ und „Freital steht auf“ war, in deren Umfeld auch die „Gruppe Freital“ aktiv war, die Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte plante und durchführte und deren acht bekannte Mitglieder 2017 wegen Rechtsterrorismus zu hohen Haftstrafen verurteilt wurden (vgl. BTN). Es war der Gerichtsprozess, in dem auch gegen sächsische Polizeibeamte ermittelt wurde, weil Mitglieder der „Gruppe Freital“ immer wieder polizeiinternes Wissen zu haben schienen. Beweisen ließ sich allerdings nichts. Zuletzt war René S. offenbar in der “Bürgerinitiative Freital” aktiv, die von ihm auf Facebook  als “ehemaligen Mitglied” spricht.

 

 

#Pegizei

Dass den Polizeibeamten, die die Journalisten festsetzen, nun unterstellt wird, dies im Sinne von „Pegida“ getan zu haben, liegt auch an einer Fülle von Vorfällen in Sachsen, bei denen sich Polizeibeamte zumindest als Sympathisanten rechter Szenen herausgestellt haben.

2015 rühmte sich Pegida Dresden bereits guter Kontakte zur Polizei: Lutz Bachmann, Pegida-Gründer, gibt an, regelmäßig Dokumente der Polizei erhalten zu haben. Viele der weitergehreichten Ermittlungsergebnisse seien als geheim eingestuft (Berliner Zeitung). Auch andere Pegida-Mitbegründer prahlen: „Sind auf unserer Seite“, hieß es einmal seitens des Dresdner „Orgateams“, man erhalte sogar „Tipps“ oder werde, wie ein Legida-Vertreter erläuterte, zum Weitermachen ermutigt. Der Pegida e.V.-Mitbegründer Thomas H. aus Dresden erklärt prahlerisch: „Es gibt eben Leute die auch noch so geheime Unterlagen weiter geben weil es einfach jeder, aber auch wirklich jeder in Deutschland wissen soll wie unsere Regierung tickt!“ (AIB).

Der Ehemann der zeitweilligen Pegida-Frontfrau Katrin Oertel arbeitete 2015 selbst für das LKA Sachsen (AIB) und beteiligte sich an Protesten gegen Flüchtlingsunterbringung. Damals wurden disziplinarrechtliche Schritte gegen den Beamten Oertel geprüft und in der Folge auch Konsequenzen gezogen, die aber vom LKA nicht bekannt gemacht wurden (Welt).

Da war 2016 der Leipziger Polizist, der intensive Kontakte zur rechtsextremen und islamfeindlichen Szene pflegte, wie Handydaten bewiesen (Tag24).

Ebenfalls 2016 ging die Polizei in Clausnitz gegen junge Geflüchtete in einem Bus vor, statt gegen den Mob von rassistischen Pöblern, die von außen den Bus bedrängten – ein Video machte den Vorfall bundesweit bekannt (vgl. BTN).

Im September 2016 nennt der Polizeirevierleiter in Bautzen eine Gruppe von 80 Rechten, die 30 junge Geflüchtete attackierten, „eventbetonte Jugendliche“ (vgl. Süddeutsche).

Im Oktober 2016 wünscht ein Polizist den Pegida-Demonstranten am Tag der Deutschen Einheit einen „erfolgreichen Tag“. In Verlauf des Tages geht die Polizei nicht gegen die Islamfeinde vor, sondern unterbindet vielerorts Gegendemonstrationen (vgl. Süddeutsche, BTN).

Im September 2017 lief ein Polizeibeamter im Dienst bei einer Demonstration gegen Rassismus in Wurzen mit dem Symbol von „Odins Raben“ an seiner Uniform herum, das auch in der rechten Szene verbreitet ist. Der Polizist wurde dafür abgemahnt – allerdings nur, weil er die „Polizeidienstkleidungsordnung“ verletzt habe (vgl. Spiegel).

Im Dezember 2017 schaffte die sächsische Polizei Panzer an mit bestickten Logos auf den Sitzen, die an Symbolik des Nationalsozialismus erinnerten – zunächst hieß es, dass sei nur zufällig und vom Panzer-Hersteller geplant so, später musste das LKA zurückrudern und zugeben, dass sie das Logo vorgelegt hatten (vgl. Süddeutsche)

 
 

Und die Reaktionen?

Typisch Sachsen ist leider auch die Reaktion der politischen Führung: Ministerpräsident Michael  Kretschmer (CDU) wollte sich vor seine Polizisten stellen, ohne den Abschluss auch nur der ersten Ermittlungen abzuwarten – und tat dies, indem er damit gegen die Journalisten Stimmung machte, die sich, wie die Videoaufnahmen zeigen, die ganze Zeit ruhig und professionell verhalten haben.

 

Besonders peinlich ist die Aussage natürlich jetzt, wo der Pöbler selbst zur Polizei gehört. Kretschmer schweigt jetzt, hat aber das „Frontal 21”-Team zum klärenden Gespräch morgen in Dresden geladen.

Vielleicht wird dort auch über die Aussagen von CDU-Fraktionschef Frank Kupfer gesprochen. Der kommentierte auf Facebook unter dem Beitrag von „Frontal 21“ zum Vorfall dergestalt, dass seine nicht sehr hohe Meinung vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen offenbar wird (vgl. SZ).

 

Frank Kupfer ist Fraktionsvorsitzender der CDU im sächsischen Landtag. Dirk 
Panter, der ihm widerspricht, ist Fraktionsvorsitzender der SPD im sächsischen
Landtag.

 

Viele Studien zeigen, wie wichtig das Verhalten politischer Eliten und den Staat repräsentierender Organe wie der Polizei für die gesellschaftliche Stimmung im Land ist. Das lässt ahnen, wie groß das Problem der Akzeptanz demokratiefeindlicher Aktivitäten in Sachsen eigentlich ist.

 

Es sollte allerdings nicht verschwiegen werde, dass  es auch sächsische Politiker gibt – wie etwa den stellvertretenden Ministerpräsidenten Martin Dulig, die Aufklärung fordern. Sie haben zu tun.

 

 

 

 

Update, 24.08.2018

Nach MDR-Recherchen hat der Pegida-Anhänger und LKA-Mitarbeiter, der in Dresden Journalisten bepöbelt hat, Zugriffsrechte für das Zentrale Ausländerregister der sächsischen Polizei. Interne Überprüfungen sollen jetzt auch mögliche Kontakte des Mannes in die rechte Szene ausleuchten. Wie aus Ermittlerkreisen bekannt wurde, kann der LKA-Mitarbeiter in dieser Funktion auf das polizeiliche Erfassungssystem IVO zugreifen, in dem alle Straftaten und Ermittlungsvorgänge eingespeist werden. Außerdem soll er auch über Zugriffsrechte für das Zentrale Ausländerregister (ZAR) verfügen.

Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich inzwischen zum Pegida-sympathisierenden LKA-Mann geäußert - und sich deutlich zugunsten der Pressefreiheit ausgesprochen (Welt).

Ressorts (Netz gegen Nazis): 
Format: 
Region: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

Am 25.08.2018 will die IB in Dresden "Mosaikrechte" vernetzen

$
0
0
Weil die IB auf Facebook nicht mehr gelitten ist, muss sie eben im russischen VK-Netzwerk werben. Sieht dann aber auch nicht so schön aus.
0
Screenshot VK.com, 24.08.2018

Dresden ist noch mit dem Pegida-#Hutbürger in den Schlagzeilen, da kommt schon das nächste, diesmal rechtsextreme Event auf die Stadt zu:  Die „Identitäre Bewegung“ versammelt sich am Samstag auf der Cockerwiese zum „Europa Nostra“-„Festival“. Mit dabei sind praktisch alle bekannten IB-Aktivist*innen – sonst wäre das Programm von 12.30 Uhr bis 21.30 Uhr wohl nicht zu stemmen.

 

Von Simone Rafael

 

Das rechtsextreme Bündnis der sich selbst „Bewegung“ nennenden „Identitären“  sind bisher als Scheinriesen aufgefallen: Viel Aktionismus durch wenige Aktive. Trotzdem reicht das Selbstbewusstsein offenbar, um eine Probe aufs Exempel zu machen:  Am morgigen Samstag, den 25.08.2018, findet in Dresden, immerhin Heimatstadt vieler teilnehmerstarker rechter Outdoor-Veranstaltungen, ein Vernetzungstreffen statt: „Europa Nostra Festival“ heißt es, und es soll verschiedene rechte Szenen vernetzen. Auf Twitter sagte „Pegida Offiziell“ bereits „Hallo“ und kündigt die Teilnahme an – ob allerdings auch die größtenteils älteren Wutbürger*innen  zur „patriotischen Jugendkultur“ zählen, die hier gefeiert werden soll, sei einmal dahingestellt.

„Pegida“-Freund*innen sind allerdings bestimmt hilfreich, um die von der IB angekündigten 600 Teilnehmer*innen zu erreichen, denn öffentlich treten für die IB Deutschland bisher eher um die 100 Menschen auf, und die stehen zumindest gefühlt alle bei „Europa Nostra“ auf den drei vorhandenen Bühnen. Denn wenn die „Identitäre Bewegung“ schwärmt, dass sich in Dresden ein Netzwerk von “Rednern,  Unternehmern, Musikern, Autoren, Filmemachern, Grafikern und Künstlern” träfe, umschreibt dies oft immer wieder die gleichen Akteur*innen (ja, es gibt auch Frauen, wenn auch nicht viele) unter verschiedenen Labels.

Immerhin gibt das Festival-Lineup einen guten Überblick über Unternehmungen im Umfeld der IB Deutschland.  So kommt die rassistische IB-Frauen-Aktion „120 Dezibel“ ebenso wie die lang angekündigte, aber seit Jahren nicht funktionierend umgesetzte  IB-Tinder-App „Patriot Peer“. Dazu können sich die Besucher*innen beim identitären Modelabel „Phalanx Europa“ einkleiden oder im „IB-Laden“ gelb-schwarz gestaltete Propaganda kaufen und dazu sogar rechtsextrem vermarktetes Bier trinken („Pils Identitär“ aus Mecklenburg-Vorpommern).  Das rechtsextreme Projekt „EinProzent“, das sich „Bürgerinitiative“ nennt und Geld unter anderem für die IB sammelt, wird mit Sammelbüchsen vertreten sein. Das alles klingt nach Versuchen, den rechten Sympathisant*innen das Geld aus der Tasche zu locken.

 

Vernetzung der "Mosaikrechten"

Aber angepriesen wird „Europa Nostra“ als Vernetzungs- und Austauschtreffen von „Mosaikrechten“, und wenn Sie sich fragen, was das ist, erklärt das am Samstag in Dresden Philip Stein von „EinProzent“, aber in nicht-öffentlicher Bewerbung der Veranstaltung wird es bereits verraten: „Mosaikrechte“ sind  „Eine Zusammenfassung verschiedener Akteure des Widerstandsmilieus, die sich auf unterschiedlichen Feldern der Agitationsformen und politischen Handelns bewegen und dabei das Ziel der Brechung der Multikulti-Herrschaft und des linksliberalen Mainstreams hinarbeiten.“ Das klingt gar nicht so friedlich, wie die IB immer vorgibt zu sein, aber das heißt dann wohl auch die Vernetzung von Rechtsextremen der „alten“ und „neuen“ Rechten mit AfD, Pegida, Flüchtlingsfeinden und Hooligans, und das ist in der Tat eine Spezialität in Dresden. Dazu explizit erwähnt: “Infokrieg-Bündnisse” aus dem Internet, in dem die IB eben auch zu Hause ist.  

 

Als Redner*innen und Auftretende kommen nach Dresden die Gesichter, die alle identitären Social Media-Fans aus dem Internet kennen:

Wei sie  in Österreich nicht als kriminelle Vereinigung verurteilt, sondern freigesprochen wurden, kommen IB-Posterboy Martin Sellner ebenso wie sein „Phalanx Europa“-Kompagnon Patrick Lennart und Österreichs IB-Vorzeigefrau Ingrid Weiß nach Dresden und reden unter anderem natürlich über den Prozess aka „staatliche Repression“.

Aus Deutschland  steht IB-Sprecher Daniel Fiß auf der Bühne, begrüßt und spricht später über „Neue Medien und Gegenöffentlichkeit“, unter anderem mit Kai Naggert aus NRW, der die Umsetzung der glücklosen „Patriot Peer“-App  von Martin Sellner übernommen hat. Hier kommt auch Alex Malenki zu Wort, der mit „Laut gedacht“ den wohl bekanntesten deutschen IB-YouTube-Kanal mit rechter Hetze füllt.

Philip Thaler von „Kontrakultur Halle“ spricht über das IB-Haus in Halle, das szeneintern den Namen „Haus Flamberg“ bekommen hat (nach einem mittelalterlichen Schwert).

Als Vertreter der älteren „Neuen Rechten“ wird Antaios- und Sezessions-Verleger Götz Kubitschek seine Theorien über den Nachwuchs ergießen.

Das Finale des Reden-Teils Veranstaltung gehört dem bekanntesten IB-Akteur Martin Sellner, Vorbildfigur nicht nur für deutsche und österreichische Identitäre, sondern beliebter Kooperationspartner für Rechte in ganz Europa. Er wird auf der Bühne darzustellen versuchen, warum die „Metapolitik“ der Identitären – also Engagement im vorpolitischen Raum -  so wichtige „Widerstandsarbeit“ ist für die „patriotische Gegenkultur“, auch wenn sie für Außenstehende oft nur so aussieht wie wenige Menschen, die rassistische oder nationalistisch Schilder aufhängen und schnell wieder weglaufen.

Als „Jugendbewegung“, die die IB sein will, kann es natürlich kein „Festival“ ohne Musik geben, und auch hier wird Szene-Prominenz auf der Bühne stehen:  IB-Rapper Chris Ares und Komplott sind der Haupt-Act, aber auch das deutsche IB-Postergirl Melanie Schmitz, die als „Varieté Identitaire“ Musik macht, wird ihre Fans haben. Eher zum Fremdschämen klingt die zuvor angekündigte „Volkstanzeinlage“,  aber so sieht das angebliche Tradition- und Kultur-Schützen dann eben praktisch aus.

 

Gegenaktionen

Während die Vernetzung nach innen den Rechtsextremen hier mutmaßlich gelingt, dürfte die Wirksamkeit auf Unbedarfte nach außen gering sein,  denn unkommentiert wird wohl niemand das Veranstaltungsgelände betreten können. Zahlreiche Gegenaktionen in der Stadt weisen auf den rechtsextremen Geist der Veranstaltung hin.

  • 11-17 Uhr Herkulesallee

„Kein Platz für Nazi-Hipster!“ Versammlung für Protest in Sicht- und Hörweite, Infos auf Facebook: https://www.facebook.com/events/637160626654497/

 

  • 12 Uhr, Hygiene-Museum

Konzert von „Banda Kommunale“

Außerdem ganztägig freier Eintritt zur aktuellen Sonderausstellung über Rassismus und Demokratiekonferenz der Stadt Dresden und des Bündnisses gegen Rassismus für ein gerechtes und menschenwürdiges Sachsen.

 

  • Ab 14 Uhr, Scheunevorplatz

Treffpunkt zur Demonstration zur Altstädter Elbseite gegen das IB-Treffen, organisiert von der „Initiative Seebrücke“, Infos auf Facebook https://www.facebook.com/events/246887269162765/

 

  • 15.30 Uhr, Hygiene-Museum

Breakdancer „Beat Fanatics“ unter dem Motto „Tanzen statt Hetze“

 

  • 15.30 Uhr, Neumarkt

Platzkonzerte von Laienchören, Bands und Ensembles, bevor um 17 Uhr das Staatsschauspiel am Postplatz feierlich sein Saisoneröffnungsfest feiert.

 

  • 17.45 Uhr bis 18.30 Uhr, Vorplatz zum Kulturpalast:

Gemeinsames Singen und Musizieren der Stadt, der Dresdner Philharmonie, der Dresdner Musikfestspiele und der Initiative Weltoffenes Dresden: „So klingt Dresden“

 

Für die Stimmung sei hier noch ein Video eingefügt, dass die IB musikalisch gut beschreibt:

 

Format: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

Niemand will Teil der “Identitären Bewegung” sein

$
0
0
Selbst auf den identitären Sitzgelegenheiten möchte niemand Platz nehmen.
0
BelltowerNews

Das patriotische Vernetzungstreffen der “Identitären Bewegung” (IB) sollte das Großevent des Jahres werden. Von 12:00 bis 22:00 Uhr gab es Programm. Reden der rechtsextremen Kader, “Volkstanzeinlagen” und am Abend ein musikalischer Abschluss mit patriotischem Rap und Balladen. Doch trotz Pegida-Support blieb ein Großteil der Dresdener Cockerwiese leer.

 

Von Belltower.News

Der Zeitplan beim Identitären Vernetzungstreffen “Europa Nostra” war straff. Im 45-minuten Takt wechselten sich die Redner*innen ab. Am Ende musste Martin Sellner,  Leiter der IB-Österreich, dann aber doch zweimal auf die kleine Bühne im “großen” Zelt. So viele bühnentaugliche Redner*innen gibt es bei der IB anscheinend doch nicht.

 

Neben Sellner waren so ziemlich alle bekannten Gesichter der sogenannten “Neuen Rechten” anwesend. IB-Österreich Co-Leiter Patrick Lenart, der rechtsextreme Burschenschafter und Leiter des rassistischen “Ein Prozent”-Netzwerks, Philip Stein, IB-YouTube-”Star” Alex Malenki, Freya von 120db, der Neonazi-Rapper Chris Ares und der völkische Autor Götz Kubitschek. Pegida-Initiator Lutz Bachmann wollte eigentlich auch kommen, blieb dann aber doch lieber zuhause. Am 20.08 hatte er noch gemeinsam mit Malenki beim wöchentlichen Pegida-”Spaziergang” für das Event mobilisiert.

 

Strategie Gespräch hinter Gittern: Kubitschek und Sellner

 

Mit “Europa Nostra” wollte die IB ein “Zeichen für die patriotische Jugend” setzen. Immerhin kamen letztes Jahr zur Identitären Demo nach Berlin rund 800 Unterstützer*innen. Diese bleiben dieses Jahr definitiv aus. Die ganze Veranstaltung wirkt wie eine krude Mischung aus Messe und Volksfest. Zur Hochphase sind höchsten 500 Besucher*innen da, am Abend maximal 200. Das typische Dresdner Pegida-Publikum sitzt mit Deutschland-Accesoires behängt auf Bierbänken und isst Wurst, Altersdurchschnitt Ü50. Ein Mensch läuftden ganzen Tag in einem nicht sehr kleidsamen “Pepe the Frog”-Kostüm herum. Götz Kubitscheks Kinder müssen sich am Stand von seinem Antaois-Verlag präsentieren. Das senkt den Altersdurchschnitt ein wenig.

 

 

Pepe the Frog

 

Wirklich Spannendes passiert nicht. Die Besucher*innen laufen von Stand zu Stand. Sie kaufen sich “Defend Europe”.-T-shirts beim rassistischen Bekleidungslabel “Phalanx Europa” und bekommen eine begehrte “Sezessions”-Tasche beim Anatois-Stand, wenn sie die passende Literatur kaufen. You-Tuber Malenki scheint sein Imperium weiter auszubauen und hat einen ganz eigenen Stand, an dem er Espresso ausschenkt. Der Stand des rechtsextrem vermarkteten Bieres  “Pils Identitär” darf wegen Alkoholverbot nicht mal auf dem Gelände sein. Ausweichort ist dann Acki’s Sportsbar, ein beliebter Treff für für rechte Hooligans.

 

Gänzlich friedlich bleibt es nicht. Nachdem die Polizei zu Beginn der Veranstaltung schon ein Ermittlungsverfahren gegen einen Ordner einleiten musste, weil dieser Tierabwehrspray und Schlagschutzhandschuhe bei sich trug, gehen andere Ordner zum Nachmittag hin Vertreter*innen der Presse an. Sie schlagen gegen Kameras, engen die Reporter*innen ein und teilen ihnen mit, dass sie sich verpissen sollten und die Arbeit jetzt beendet wäre. Die Polizei schreitet ein und leitet ein Verfahren wegen Nötigung ein. Auf öffentlichen Veranstaltungen dürfen sich Journalist*innen frei bewegen.

 

 

 

 

 

 

 

Danach folgt eine kleine Solo-Showeinlage des rechtsextremen Rappers Chris Ares. Gegenüber der IB-Veranstaltung warten einige Gegendemonstrant*innen auf das Eintreffen der “Seebrücke”-Demonstration. Ares schlendert mit einer handvoll anderer Identitärer zu den Gegendemonstrant*innen, will deren Versammlung stören - und wird dort erkannt und zur IB zurückgeschickt:. Dort wird er dann aufgefordert wieder zur Veranstaltung zurückzukehren. O-Ton: “Geh doch zurück in deinen Käfig, du Affe”. Schließlich wird er von der Polizei eskortiert.

 


Chris Ares muss wieder zurück aufs Gelände

 

Highlight für den Pegida-Pöbel und die IB-Hipster ist wohl das Eintreffen der - laut Beobachtern - rund 1000 Gegendemonstrant*innen. Für einen kurzen Moment kann sich der“Volkszorn” kollektiv entladen. Es wird geschrien und am Käfig gerüttelt. Luftlinie ca. 60 Meter, dazwischen Polizist*innen auf Pferden. Doch das Rütteln am Zaun wird nach kurzer Zeit untersagt und so richtig Stimmung will auch nicht aufkommen. Auch beim folgenden Vortrag von Götz Kubitschek kocht die Stimmung einfach nicht richtig hoch. Bis auf die kleinen Highlights (Alle sind plötzlich queer und ändern wie wild ihre Geschlechter - Applaus! Der weiße Mann wird in allen westlichen Ländern bedroht - Applaus!) bleibt es ruhig im Zelt. Der Altersdurchschnitt ist hier natürlich auch wieder alles andere als jugendlich. Nach dem Vortrag gibt es noch eine kleine völkische Tanzeinlage. Den krassen IB-Hipstern mit Fischerhut und New Balance aus Halle ist das aber irgendwie auch etwas unangenehm. Verstohlen schleichen sie über das Gelände. Andere rangeln ein bisschen vor sich hin und zeigen sich gegenseitig ihre Muskeln.

 

Alex Malenki ist natürlich auch dabei

Gauland Fan beim IB-Event

 

Endlich wird es dunkel. Showtime für Melanie, Chris Ares und Komplott. Vor der Bühne versammeln sich die letzten Hinterbliebenen, etwa 150 Personen. Die Pegida-Oldies sind mittlerweile abgezogen, genauso wie Martin Sellner. Melanie performt “Balladen und Coversongs”, unter anderem von Outcast, RIN und Yung Hurn. Beim vorletzten Song kommt Sellner dann doch nochmal für ein Foto-Shooting angerannt. Applaus für Melanie.

 

Der Auftritt von Ares und Komplott ist ein Trauerspiel. Der Ton ist übersteuert und das Publikum nicht so textsicher wie erhofft. “Europa! Jugend! Reconquista!” können dann aber doch alle. Trotzdem bleiben auch hier die großen Momente aus. Für die bildorientierten Inszenierungen der IB dürfte natürlich trotzdem das ein oder andere starke Instagramfoto entstanden sein. Allerdings nur noch für die Privat-Accounts der IB-Aktivist*innen - die offiziellen IB-Accounts hat Instagram gesperrt (vgl. BTN).

 

“Europa Nostra” war definitiv nicht das Großevent, was sich die IB erhofft hatte. Und das in Dresden. Selbst der Pegida-Support konnte die Besucher*innenzahlen nicht weit in die Höhe schrauben. Viel Geld konnte dementsprechend auch nicht eingenommen werden. Die “Neue Rechte”, eingezäunt auf der Cockerwiese. Kleingruppen auf Bierzeltgarnituren und vor Ständen. Die eigens mit dem Logo der IB bedruckten Liegestühle bleiben die meiste Zeit leer. Kein Wunder, dass sich die längste Schlange beim Essensstand findet. So viel Herumstehen macht schließlich hungrig.

 

Format: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

Rassistischer Mob in Chemnitz: "Für jeden toten Deutschen einen toten Ausländer!"

$
0
0
0
picture alliance/Andreas Seidel/dpa-Zentralbild/dpa

In der Nacht zum Sonntag gab es in Chemnitz laut ersten Polizeiangaben eine tödliche Auseinandersetzung "zwischen mehreren Personen unterschiedlicher Nationalitäten". Ein 35-jähriger Mann starb, zwei andere wurden teils schwer verletzt. Zwei Tatverdächtige wurden festgenommen. Mittlerweile gab die Polizei bekannt, dass es sich bei den festgenommenen Tätern um einen syrischen und einen irakischen Staatsangehörige handeln soll. Die Polizei ermittelt weiter, es gibt noch keine genauen Angaben zum Tathergang. Was es gibt sind Gerüchte, Mutmaßungen, Verallgemeinerungen. Und einen rassistischen Mob, der am Sonntag Menschen grölend durch die Innenstadt getrieben hat. Unter Beifall der AfD.

Von Stefan Lauer

Zum Protest hatte ursprünglich die rechtsextreme Hooligangruppe "Kaotic Chemnitz" auf Facebook aufgerufen. Der ursprüngliche Post wurde mittlerweile gelöscht.

 

 

Über die eigentliche Tat kursieren vor allem Gerüchte. Die bisher bekannten Fakten lassen sich in einer gemeinsamen Medieninformation der Staatsanwaltschaft und der Polizeidirektion Chemnitz nachlesen. Das hinderte allerdings auch große Medien nicht mit Spekulationen zu arbeiten. So wurde unter anderem von Bild und von Tag24 berichtet, die Opfer hätten einer Frau helfen wollen, die angegriffen wurde. Die Polizei dementiert das.

 

 

Mehrere Medien aus dem "rechtsalternativen" Spektrum berichten mittlerweile auch darüber, dass ein Zweiter aus der Gruppe der drei Angegriffenen gestorben sein soll. Auch diese Information ist falsch und zeigt, dass Opfer instrumentalisiert werden.

 

 

Am Sonntag hat das in Chemnitz leider funktioniert. Trotz der kurzen Zeit konnten 800 bis 1000 Teilnehmer*innen mobilisiert werden. Neben der Demo der Hooligans hatte auch die örtliche AfD zu einer Kundgebung aufgerufen. Im Anschluss daran zog ein Mob durch die Stadt, der Menschen mit migrantischem Aussehen jagte. Unter den Demonstranten waren laut Angaben von Journalisten auch bekannte Rechtsextreme. Skandiert wurde passend dazu zum Beispiel auch "Frei, sozial und national", ein Slogan, der gerne von rechtsextremen Gruppen bis hin zur NPD verwendet wird. Auf den zahlreichen Videos die von der Demonstration kursieren, wird noch mehr menschenverachtendes gebrüllt: "Für jeden toten Deutschen einen toten Ausländer", "Das System ist am Ende, wir sind die Wende". Menschen werden als "Kanaken", "Viehzeug" oder "Zecken" bezeichnet. In einem Video erzählt einer der Demonstranten von einer Begegnung mit einer Person, die sich offenbar für Geflüchtete einsetzt und wie er dem oder derjenigen gewünscht hat, dass seine Kinder erstochen würden. Der Sprecher ist nicht zu sehen und läuft offenbar hinter dem Filmenden.

Die Polizei war am Sonntag hauptsächlich überfordert. Zu Anfang sollen lediglich 50 Beamte im Einsatz gewesen sein. Später kamen Kräfte aus Dresden und Leipzig dazu. Auf Videos ist zu sehen, wie Polizist*innen angegriffen werden, als sie sich dem Mob entgegenstellen.

 

 

Aus der schrecklichen Tat von Sonntagnacht und den Treibjagdszenen versucht vor allem die AfD politisches Kapital zu schlagen. Eines der Videos wurde von Bernhard Wedlich gefilmt. Wedlich war bis zum April 2018 stellvertretender Vorsitzender der AfD Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Markus Frohnmaier, der für die Rechtspopulisten im Bundestag sitzt, ruft währenddessen am Sonntagabend auf Twitter zur Selbstjustiz auf.

Auch Stefan Möller, Landessprecher der AfD in Thüringen, äußert größtes Verständnis für die rechtsextremen Randalierer. Frohnmaier und Möller bedienen beide die Erzählung eines "schwachen Staates", der Morde nicht verhindern könne. Damit rechtfertigen sie rassistische Gewalt.

Für Montagabend ist eine weitere Demonstration angesetzt. Dafür wird von rechtsaußen auf allen Kanälen mobilisiert. Unter anderem ruft "Kandel ist überall" zur Teilnahme auf, ein Bündnis unter Leitung der stellvertretenden Fraktionssprecherin der AfD in Baden-Württemberg, dass ebenfalls auf rassistische Stimmungsmache gegen Geflüchtete setzt. Auch hier ist im Kommentarbereich schon von "brennenden Straßen" die Rede.

Gleichzeitig wird es aber auch einen Gegenprotest geben. Wie sich die Situation in Chemnitz also entwickelt, bleibt abzuwarten.

Format: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

Was am Montag in Chemnitz passiert ist

$
0
0
0
BTN

Am Montag sind tausende gewaltbereite Neonazis durch die Chemnitzer Innenstadt gezogen. Für einige Stunden hat der Staat sein Gewaltmonopol an rechtsextreme Gewalttäter abgegeben. Wie konnte das passieren?

 

Von Zamira Alshater

 

Am Montagabend, den 27. August, ist ein rechtsextremer Mob, Parolen skandierend, durch die Chemnitzer Innenstadt gezogen, schon wieder. Für die Demonstration, die vorgeblich ein „Trauermarsch“ sein sollte war, hatte das rechtsextreme Bündnis „Pro Chemnitz“ geworben. Und so traf sich eine braune Mischung aus „Wutbürger*innen“ und Neonazis am Abend vor dem Karl-Marx-Denkmal. Zwischen 5.000 bis 8.000 Teilnehmer*innen sollen es gewesen sein.

Ihnen gegenüber standen mutige 1.500 zivilgesellschaftliche Anti-Faschist*innen. Am Tag zuvor war es in Chemnitz, ausgelöst durch einen Todesfall, zu einer Menschenjagd gekommen. Neonazis attackierten in der Stadt wahllos migrantisch aussehende Menschen. Die Strategie vieler Gegenprotestler*innen am Montag war es dann, die Aufmerksamkeit der Neonazis und damit auch das Gewaltpotential weg von den Migrant*innen auf sich zu ziehen.

 

„Das sind ja alles nur Nazis“

Trotz der breiten digitalen Mobilisierung in vielen rechtspopulistisch-flüchtlingsfeindlichen „Wutbürger-Gruppen“ auf Facebook waren in Chemnitz vor allem  offene Neonazis auf der Straße. Am Rande der Kundgebung standen überraschte Grüppchen von „besorgt Büger*innen“ herum, die sich angesichts der Neonazi-Präsenz dann doch nicht dem rechtsextremen Mob anschließen wollten und feststellen mussten: „Das sind ja alles nur Nazis“.

Bereits während der Kundgebung, die um 18.30 Uhr begann,  fingen die Rechtsextremen an, sich zu vermummen und Quarzsandhandschuhe überzuziehen – offenbar um sich auf einen Durchbruch zu den Gegendemonstrat*innen vorzubereiten. Auch Feuerwerkskörper und ein Baseballschläger wurden gesichtet. Journalist*innen wiesen die Polizeibeamt*innen mehrfach darauf hin, dass dieses Verhalten gegen das Versammlungsverbot verstößt. Die Polizei griff dennoch nicht ein – fahrlässig, wie sich später herausstellte, und auch zum Leidwesen der Polizeibeamten am Demozug, deren Sicherheit auch gefährdet wurde. Als der rechtsextreme Pulk nach vorne stieß, zu der Gegendemonstration, vordrang, konnte die spärlich besetzte Polizeikette dem nichts entgegensetzen. Lediglich die rechtsextremen Ordner konnten die aufgepeitschte Masse etwas besänftigen und  so einen Angriff verhindern. Dennoch flogen zu diesem Zeitpunkt bereits die ersten Feuerwerkskörper aus der rechtsextremen Demonstration, in Richtung der Gegendemonstrant*innen und auf Polizeibeamt*innen. Straftäter*innen wurden dennoch nicht von der Polizei aus der Demo herausgezogen. Als zwei Wasserwerfer vorfuhren und die Polizei via Lautsprecher BEIDE Seiten der Demonstration aufforderte, das Begehen von Gewalttaten zu unterlassen, begann der rechtsextreme Mob sich selbstständig und unabgesprochen in Bewegung zu setzen. In dieser äußerst unübersichtlichen Lage stürmten Neonazis eine Empore, auf der Gegendemonstrant*innen und Journalist*innen standen. Diese flohen entsetzt in die entgegengesetzte Richtung. Als Polizeibeamt*innen die panischen Menschen auf sie zukommen sah, reagierte sie nicht. Sie reagierte auch nicht, als Journalist*innen sie auf die Angreifer*innen hinwiesen. Erst später gingen die Beamt*innen dann doch auf die Empore und nahmen jemanden in Gewahrsam. Es war ein Gegendemonstrant.

 

 

Weitestgehend ohne Polizeibegleitung zog dann der rechtsextreme und gewaltsuchende Mob von rund 5.000 Menschen durch die Chemnitzer Innenstadt. Unter den Augen der Polizei spalteten sich kontinuierlich kleinere Grüppchen vom Demonstrationszug ab und verschwanden in dunklen Gassen. Immer wieder waren laute Knallgeräusche zu hören. Spätestens zu diesem Zeitpunkt konnte die Polizei für niemand mehr Sicherheit in der Innenstadt gewährleisten. Und so kam es später auf einer Seitenstraße zu mindestens einem gezielten Angriff durch vermummte Neonazis auf eine Fünfergruppe jugendlicher Gegendemonstrant*innen. Auch als Einsatzkräfte sich schützend um die Gruppe stellten, versuchten rund zehn Neonazis die Verletzten abermals anzugreifen. Einige Angreifer standen unmittelbar vor der Polizei, die dennoch nicht eingriff und die Vermummten nicht  in Gewahrsam nahm. Man ließ die Angreifer ziehen. Diese verschwanden in dunklen Gassen. Die mobile Opferberatung für Sachsen, RAA, kann bisher nicht sagen, zu wie vielen Übergriffen es am Montag kam. Dies werde erst noch ausgewertet.

Als die Rechtsextremen wieder am Karl-Marx-Denkmal angelangt waren, strömten die Nazis in großen und kleinen Gruppen in alle Himmelsrichtungen, weitestgehend ohne Polizeibegleitung. In diesen Minuten behauptete der stellvertretende Pressesprecher der Polizei, Andrcej Rydzik, allerdings gegenüber Journalist*innen, man würde die abreisenden Neonazis im Auge behalten. Wir haben davon nichts mitbekommen. Personell wäre das auch gar nicht möglich gewesen, schließlich habe man mit einigen hundert Teilnehmer*innen gerechnet und wähnte sich fälschlicherweise mit 591 Einsatzkräften angeblich gut vorbereitet, so der stellvertretende Polizeisprecher.

Das ist allerdings wenig glaubwürdig: Bereits am Vortag sind 800 bis 1.000 Menschen bei einer Spontandemo durch Chemnitz gezogen und haben Jagd auf Menschen gemacht haben. Mit einem Tag bundesweiter Mobilisierung muss man einfach mit mehr Teilnehmer*innen rechnen. Alleine in Sachsen gibt es laut Verfassungsschutz 2.600 Rechtsextreme, die die Behörden dann offenbar nicht richtig im Blick hatten. Ansonsten hätten sie feststellen müssen, welche Mobilisierungskraft die Demo-Ankündigung von „Pro Chemnitz“ alleine für die rechtsextreme Szene in Sachsen ausstrahlt. Auch stellt sich die Frage, warum die Kooperation mit den Kolleg*innen aus anderen Bundesländern nicht besser funktioniert hat. Gewaltbereite Rechtsextreme reisten aus dem gesamten Bundesgebiet an, unter anderem aus Berlin, Brandenburg, Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Wenn davon die Polizist*innen in den entsprechenden Länder nichts mitbekommen hätten oder keine Meldung nach Sachsen gegeben hätten, liefe da etwas gewaltig schief. Auf das extreme Mobilisierungspotential wurde die Polizei darüber hinaus auch vielfach über die sozialen Medien hingewiesen. Am Dienstag berichtete Der Tagesspiegel, dass offenbar auch der sächsische Verfassungsschutz die Chemnitzer Polizei mit dem Hinweis gewarnt haben soll, dass deutlich mehr Rechtsextreme und rechte Kampfsportler aus ganz Deutschland anreisen würden, als vom Veranstalter angemeldet worden waren. Dennoch war die Polizei nicht annähernd angemessen vorbereitet.

Sind also Teile der Polizei in Sachsen vollkommen inkompetent, naiv oder ist der ganze Einsatz gar absichtlich so erfolgt?  In einem Video von Montag sieht man nach einem Böllerwurf und einem versuchten Angriff auf Gegendemonstrant*innen, wie einen aufgebrachter Rechtsextremer zu einem Polizisten sagt: „Wir wollen doch nur demonstrieren“. Der Polizist sagt daraufhin: „Wir wollen doch genau dasselbe. Und jetzt geht einfach.“ Dann gehen beide recht freundschaftlich davon.  

 

Unsere Bilder der Kundgebung

 

 

Chemnitz: Rechtsextreme Kundgebung am 27.08.2018

Ressorts (Netz gegen Nazis): 
Format: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

Die Lust am Ausnahmezustand: Chemnitz und das Narrativ vom “Bürgerkrieg”

$
0
0
0
Pixabay
https://pixabay.com/de/atombombe-atomwaffen-kernwaffen-2621291/

Die rechte Blase ist aus dem Häuschen. Endlich gibt es wieder einen Toten, der instrumentalisiert werden kann. Der 35-jährige Daniel H. wurde in der Nacht zum Sonntag in Chemnitz ermordet. Täter sind mutmaßlich zwei Männer, einer von ihnen aus Syrien, einer aus dem Irak. Nicht einmal 24 Stunden nach der furchtbaren Tat zog ein randalierender Mob durch die Stadt und jagte ausländisch aussehende Menschen durch die Straßen. Auch am Montag kamen geschätzte 8.000 Menschen zusammen, um ihrer "Trauer" mit Neonazi-Parolen und Hitlergrüßen Ausdruck zu verleihen. Für die sich bürgerlich gebenden Rechtspopulist*innen der AfD und die Aktivist*innen der laut Selbstauskunft friedlichen "Identitären Bewegung" ist das ein Dilemma. Einerseits wollen die Akteure aus dem Tod eines Menschen Kapital schlagen, andererseits will man sich nicht zu sehr mit offensichtlichen Neonazis verbünden. Die Lösung: das Märchen vom Volksaufstand.

Von Stefan Lauer

Alexander Gauland, der Bundesvorsitzende der “Alternative für Deutschland”, findet es in einem Interview mit der Welt mit Blick auf Chemnitz "normal, dass Menschen ausrasten" und spricht von "Selbstverteidigung". Co-Vorsitzende Alice Weidel geht in einer Videobotschaft gleich gar nicht auf die Ausschreitungen ein und sucht einfach eine generelle Schuld bei Angela Merkel und ihrer Regierung.

Martin Sellner, einer der Köpfe hinter der rechtsextremen "Identitären Bewegung", fasst die Ereignisse in einem Video so zusammen:  "Was hier passiert, ist das Ergebnis eines von Stammesgrenzen dominierten, brutalisierten, multikulturellem Gang-Lands, das von Angela Merkel geschaffen wurde." Der rechtsextreme Rapper Chris Ares hat eine ähnliche These und nutzt gleich auch noch die Gelegenheit, Journalist*innen zu bedrohen: "Die Menschen wachen auf. (…) All die Parteien und all die Presse und Journalisten-Mitglieder [sic] die sich jetzt da rausstellen und ihre widerliche Hetze veröffentlichen und an den Tag legen. Euch sei eines gesagt: Die ganze Lage wird sich drehen." Mit "Journalisten-Mitgliedern" kennt Ares sich aus. 2016 soll er in München eine Gruppe von Reportern am Rande einer AfD-Wahlparty angegriffen haben.  

Markus Frohnmaier, AfD-Abgeordneter im Bundestag, hatte schon am Sonntagabend ähnliches getwittert. Er bezeichnete den Neonazi-Mob als eine Art Selbstjustiz. Schuld sei eigentlich der Staat, der seine Bürger angeblich nicht schützen könne.

Maximilian Krah, ein AfD-naher Rechtsanwalt aus Dresden, der vor allem auf Twitter seine Follower mit rechtspopulistischer Propaganda bedient, stößt ins gleiche Horn. Hier ist der Mord an Daniel H. "der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt".  Abstrakt schreibt er von "Gegenwehr", natürlich ohne zu erwähnen, dass diese "Gegenwehr" aus rassistischen Treibjagden besteht.

Stefan Möller, Landessprecher der AfD-Thüringen, retweetet den wegen Volksverhetzung verurteilten Katzenkrimi-Autoren Akif Pirinçci und auch hier ist der Umsturz nicht mehr weit. Möller vergleicht die "Für jeden toten Deutschen, einen toten Ausländer"-Rufer aus Chemnitz mit den Demonstranten in der ehemaligen DDR 1989.

Die AfD-Kreistagsfraktion Hochtaunus geht noch einen Schritt weiter. Hier werden schon die ersten Schritte für die Zeit nach der "Revolution" angedeutet. Der Post ist mittlerweile allerdings wieder verschwunden.

Für die Partei sind die Vorfälle in Chemnitz ein zweischneidiges Schwert. Einerseits darf sie ihre "bürgerlichen" Wähler nicht verprellen, die immer noch ganz fest daran glauben, dass Rechtsextreme in der Partei allerhöchstens "Einzelfälle" darstellen. Diese Wähler*innen wollen nicht mit klar erkennbaren Neonazis assoziiert werden, wie sie in Chemnitz offensichtlich unterwegs sind. Andererseits sind die Chemnitzer Demonstrant*innen wahrscheinlich genauso Wähler*innen der Rechtspopulist*innen. Auch von denen darf man sich also eigentlich nicht distanzieren. Bei der Pressekonferenz der Partei am Montag legte man dementsprechend auch größten Wert darauf zu betonen, dass die Veranstaltung der Partei, die am Sonntag vor der aus dem Ruder gelaufenen Demo stattfand, friedlich geblieben war. Der Ortsverband Chemnitz mobilisierte aber trotz der Vorgänge auch für die Demo am Montag.

Die Geschichte vom "Volksaufstand" passt deswegen perfekt in die Strategie der Rechtspopulist*innen. In dieser Geschichte können die Chemnitzer*innen nämlich überhaupt nicht anders, als sich zu "wehren". Die Partei instrumentalisiert also nicht nur Daniel H. – der sich im Übrigen zu Lebzeiten klar gegen rechts positioniert hatte – sondern auch den Neonazi-Mob. Der ist nämlich höchstens die Reaktion auf angebliche Fehler der Migrationspolitik. Über Hitlergrüße, klar erkennbare Rechtsextreme und die Jagd auf Migrant*innen müssen die Rechtspopulist*innen also gar nicht erst sprechen und können die eigenen Hände in Unschuld waschen.

Diese Erzählung ist nicht neu. Der "kommende Aufstand" gehört zu den "toxischen Narrativen", die zur Mobilisierung immer wieder benutzt werden. Narrative überführen Ereignisse in einen sinnhaften Kontext, sie sind eine Interpretation der Ereignisse aus einer spezifischen Perspektive. In diesem Fall wird ein durch Lügen und Falschaussagen aufgewiegelter Nazi-Mob zu einem legitimen "Volksaufstand".

Mehr zu Chemnitz auf Belltower.News:

Rassistischer Mob in Chemnitz: "Für jeden toten Deutschen einen toten Ausländer!"

Was am Montag in Chemnitz passiert ist

Format: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

Chemnitz: Wie kann jeder Einzelne gegen Menschenfeindlichkeit aktiv werden?

$
0
0
0
Chris Slupski / Unsplash
https://unsplash.com/photos/LeHpD4Jq_cU?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText

"Die Sachsen sind immun gegen Rechtsextremismus", so der damalige Ministerpräsident Kurt Biedenkopf im Jahr 2000. "Wir sind die Krieger, wir sind die Fans, Adolf-Hitler-Hooligans", so grölt es auf einer Demonstration in Sachsen 2018. Im Freistaat wird Rechtsextremismus seit Jahren verharmlost und ignoriert. Nur so lässt sich der perfekte Nährboden erklären, der menschenfeindliche Ideologien offensichtlich prächtig gedeihen lässt. Die Vorgänge in Chemnitz sind dabei nur das letzte Beispiel in einer langen Reihe. Aber auch in Sachsen wehren sich Menschen gegen Pegida, AfD und Neonazis. Gerade dort, wo der Staat es offenbar nicht schafft oder es nicht schaffen will, gegen Menschenhass und Gewalt aktiv zu werden, ist die Zivilgesellschaft gefragt. Auch in Sachsen hat sie Antworten. Die Initiativen, die sich gegen Menschenfeindlichkeit und Hass einsetzen, brauchen unsere Hilfe.

 

Von Stefan Lauer

 

AfD, Pegida und Co. behaupten zwar gerne von sich, für die Mehrheit der Menschen in Sachsen oder gar in ganz Deutschland zu sprechen, tatsächlich tun sie das aber nicht. Immer noch ist es eine laute Minderheit, die Hass verbreitet. Gegen das laute Grölen stellen sich kleine und große Initiativen. In ganz Deutschland und auch in Sachsen. "Die Landesregierung war über Jahre hinweg nicht willens oder nicht in der Lage dazu, dem grassierenden Rechtsextremismus etwas entgegenzusetzen. Diese Lücke versuchen zivilgesellschaftliche Initiativen zu füllen, die großartige Arbeit direkt vor Ort leisten und die Demokratie verteidigen. Solche Initiativen kann jeder direkt unterstützen. Entweder finanziell oder durch Beteiligung", so Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, zu der auch Belltower.News gehört.

 

Opferfond Cura

Die Stiftung selbst betreibt dafür den Opferfond Cura. CURA unterstützt bundesweit Betroffene rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Gewalt schnell und unbürokratisch mit finanziellen Mitteln. 2017 konnten mit insgesamt 18.208,53 Euro aus dem Opferfonds 22 Betroffene rechter Gewalt und Institutionen wie Opferberatungsstellen finanziell unterstützt werden. Die Koordinatorin des Fonds, Sarah Haupenthal, beschreibt warum Cura gerade heute so wichtig ist: "In Zeiten, in denen menschenverachtende Einstellungen eine zunehmende gesellschaftliche Akzeptanz erhalten und die Grenzen des Sagbaren und Machbaren deutlich verschoben werden, ist es besonders wichtig, sich offen mit denjenigen zu solidarisieren, die diese gesellschaftlichen Entwicklungen häufig am eigenen Leib zu spüren bekommen." Wie alle Initiativen ist auch der Opferfond auf Spenden angewiesen.

Den Opferfond Cura können Sie hier unterstützen.

 

Chemnitz Nazifrei

Direkt in Chemnitz ist das Bündnis "Chemnitz Nazifrei" aktiv. Die Aktivist*innen organisieren die Gegenproteste zu den aktuellen Naziaufmärschen in der Stadt. Aktuelle Informationen finden Sie auf der Facebookseite oder auf Twitter.

Chemnitz Nazifrei können Sie hier unterstützen.

 

Sächsischer Flüchtlingsrat

Der sächsische Flüchtlingsrat sitzt in Dresden und setzt sich schon seit 1991 für Geflüchtete und ihre menschenwürdige Unterbringung ein. Dabei geht es um ganz praktische Hilfen, zum Beispiel beim Umgang mit der Arbeitsagentur und andere Behörden, Patenschaftsvermittlungen und viel mehr. Auch der Flüchtlingsrat ist direkt von den Vorgängen in Chemnitz betroffen. Am 01.09., also am morgigen Samstag wollte der Rat in der Stadt das SommerTraum Open Air veranstalten, aber dann kamen die Neonazi-Ausschreitungen: "Aufgrund der pogromartigen Ausschreitungen im Chemnitzer Stadtgebiet, sehen wir uns als Veranstalter zusammen mit dem Haus Arthur nicht in der Lage für die Sicherheit aller Besucher*innen sorgen zu können. Da für Samstag, dem 01. September 2018, wieder mehrere rechtsradikale Kundgebungen angemeldet sind, wollen wir das Risiko auf Kosten Dritter nicht eingehen und verzichten daher auf die Durchführung des Sommerfestes."

Sie können den Sächsischen Flüchtlingsrat hier unterstützen.

 

RAA Sachsen - Opferberatung

Die Regionale Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie Sachen e.V. (RAA Sachsen) unterstützt Opfer rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt – direkt vor Ort mit Beratungsteams und mittlerweile auch online. Per Chat, E-Mail oder Telefon sind die Expert*innen erreichbar. Zu den Vorgängen in Chemnitz zitiert die RAA eine Sprachmittlerin aus der Stadt, die bei der Arbeitsstelle mitarbeitet: "So etwas hat es in den letzten 10 Jahren noch nie gegeben, dass ich mir überlegen muss, ob ich das Haus verlassen sollte und so geht es vielen meiner Bekannten."

Die Arbeit der RAA Sachsen können Sie hier unterstützen.

 

Netzwerk für Demokratische Kultur Wurzen

Das Netzwerk für Demokratische Kultur Wurzen (NDK) fördert eine aktive demokratische Zivilgesellschaft, unterstützt Bürgerbeteiligung und organisiert Veranstaltungen und Projekte. Zum Beispiel stellt Nahid Shahalimi am 14.09. in Wurzen ihr Buch über Frauen in Afghanistan vor. Am 20.09. spricht der Soziologe Andreas Kemperüber die Strukturen in der sogenannten "neuen" Rechten. Beiträge zu einer besseren Diskussionskultur in Wurzen und ganz Sachsen.

Unterstützen können Sie das NDK hier.

 

Netzwerk Tolerantes Sachsen

Etwa 100 Initiativen die direkt in Sachsen für eine offene und demokratische Zivilgesellschaft arbeiten und streiten haben sich im "Netzwerk Tolerantes Sachsen" zusammengetan.  Auf der Website finden Sie Informationen, Materialien und Ansprechpartner*innen. 

Dazu gehört zum Beispiel auch das "Kulturbüro Sachsen" mit Sitz in Dresden. Die Mitarbeiter*innen bieten eine mobile Beratung an, die vor Ort bei Problemen mit Rechtsextremen Hilfe liefert. Das Büro recherchiert, informiert und berät im ganzen Freistaat.

Sie können das Kulturbüro Sachsen hier unterstützen.

***Noch mehr Initiativen in Sachsen finden Sie hier.***

 

Was passiert gerade in Chemnitz? Unsere Artikel dazu auf Belltower News:

Die Lust am Ausnahmezustand: Chemnitz und das Narrativ vom “Bürgerkrieg”

Rassistischer Mob in Chemnitz: "Für jeden toten Deutschen einen toten Ausländer!"

Was am Montag in Chemnitz passiert ist

Format: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

Die Wahnhaften "Besorgtbürger": Vernetzungstreffen in Chemnitz

$
0
0
"Pro Chemnitz" Kundgebung vor dem Stadion des CfC
0
BTN

Menschen, die sich vorher nur aus Fakenews-Facebookgruppen kannten, treffen nun in Chemnitz zusammen. Am Donnerstag wurden zahlreiche Handynummern und Visitenkarten ausgetauscht. Personen aus den verschiedensten extrem rechten Szenen diskutierten und planten hier die nächsten Schritte der Revolution. 

 

Von Kira Ayyadi

 

Am Donnerstagabend war Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer in Chemnitz, um beim "Sachsengespräch" mit Bürger*innen über die aufgeheizte Situation in der Stadt zu sprechen. Allerdings wurde direkt vor dem Stadion wieder eine rechtsextreme Demonstration angekündigt. Anmelder war derselbe des angeblichen Trauermarsches am Montag, „Pro Chemnitz“. Dabei kam es zu Ausschreitungen von extrem gewaltbereiten Neonazis, die zum Teil Hitler-verehrend durch die Innenstadt gezogen waren. Für einige Stunden hatte der Staat sein Gewaltmonopol verloren. Was auch daran lag, dass 591 Polizeibeamt*innen 6.000 bis 8.000 Rechtsextremen gegenüberstanden. Doch aus diesem Desaster schien die Polizei Sachsen am Donnerstag gelernt zu haben, sie war deutlich besser aufgestellt. Allerdings hat das alles einen ziemlich faden Beigeschmack: Protestbündnisse, die spontan am Montag 1.500 Anti-Faschist*innen aus der Zivilbevölkerung auf die Straße von Chemnitz mobilisieren konnten, entschieden sich für Donnerstag nicht zu einer Gegendemonstration aufzurufen, da die Ereignisse am Montag gezeigt hätten, dass die Polizei nicht in der Lage und möglicherweise auch nicht gewillt sei, das leibliche Wohl der Protestler*innen zu schützen. Und so fühlte es sich am Donnerstag einfach falsch an, dass für den Besuch des Ministerpräsidenten beinahe alle polizeiliche Vorkehrungen getroffen wurden, der sich zum Teil bürgerlich-gebende rechtsextreme Mob mit etwa 800 Personen keine Gegenrede erfuhr und so in aller Ruhe die "Revolution" planen konnte.

 

 

Und tatsächlich scheinen die rechtsextremen Treffen in Chemnitz, mögen es nun Demonstrationen oder angebliche „Trauermärsche“ sein, letztendlich das Ziel haben, Teilnehmer*innen zu vernetzen. So plante beispielsweise ein angeblich nur „besorgter“ Opa am Rande der Kundgebung mit einer kleinen Gruppe junger Hooligans vom CFC, welche Schritte als nächstes unternommen werden müssten, damit es nun endlich zum Umsturz des bestehenden Systems käme. Massenhaft wurden Visitenkarten ausgetauscht. „WfD“ (Wir für Deutschland), die stark in die Organisation der rechtsextremen Veranstaltungen miteingebunden sind, hat seine Unterstützet*innen bereits aufgefordert „jeden Donnerstag und Samstag nach Chemnitz zu fahren“.

 

 

Menschen, die vorher nur in flüchtlingsfeindlichen und islamfeindlichen Facebookgruppen miteinander interagiert haben, treffen in Chemnitz nun im Reallife aufeinander. Die Menschen, die von vielen als „besorgte Bürger*innen“ bezeichnet und in Chemnitz offenbar keine Berührungsängste zu offenen Neonazis haben, sind bereits soweit radikalisiert, dass sie es in ihrem Wahn als ihre Bürgerpflicht empfinden, etwas gegen die derzeitige Regierung zu unternehmen, wenn nötig auch mit Gewalt. Diese Menschen dürfen wir nicht als „besorgte Bürger*innen“ verharmlosen, denn auch sie sind, angespornt durch die Wellen an Fakenews, über angeblichen Massen an vergewaltigenden und tötenden Geflüchteten, zu Gewalt bereit.

"Pro Chemnitz" am CFC-Stadion, 30.08.2018

Dateien zum Download: 
Format: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow

Chemnitz: Auf die Straße für Toleranz und gegen Hass!

$
0
0
0
Unsplash
https://unsplash.com/photos/nPz8akkUmDI

Die rechtsextremen "Besorgtbürger"-Aufläufe in den letzten Tagen lassen Chemnitz nicht besonders gut dastehen. Hitlergrüße, ekelhafte Sprechchöre und Jagdszenen machen die Stadt gerade zu einem weiteren Symbol für den katastrophalen Umgang der Landesregierung mit Rechtsextremen und Rechtspopulist*innen. Aber auch in Chemnitz gibt es noch viel mehr Menschen, die nicht wollen, dass ihre Stadt zu einem weiteren Symbol für sächsische Verhältnisse wird und die für Weltoffenheit und Toleranz auf die Straße gehen. Sie brauchen Unterstützung!

 

Von der Belltower.News-Redaktion

 

Schon morgen findet die Demonstration "Es reicht! Herz statt Hetze" statt. Ab 15 Uhr geht es auf dem Parkplatz vor der Johanniskirche los. Die Veranstaltung wird von einem breiten Bündnis getragen, dazu gehören beispielsweise Chemnitz Nazifrei,  der CSD Chemnitz, der DGB Westsachsen, die Grünen und die Linken Chemnitz, der Chemnitzer F.C., der SPD-Bundestagsabgeordnete Detlef Müller, Die Linke-Landatgsabgeordente Susanne Schaper, der Sächsische Flüchtlingsrat und einige mehr.  

Hier geht es zur Facebookveranstaltung.

 

Am Montag findet #WIRSINDMEHR statt. Um 17 Uhr geht es am Karl-Marx-Monumet los, also genau dort, wo sich auch der Mob am Sonntag und am Montag versammelt hatte. Das Ganze ist ein kostenloses Konzert für Weltoffenheit. Die Künstler*innen stellen sich gegen die Instrumentalisierung eines Gewaltverbrechens durch Rechtsextreme und Rechtspopulisten. Auftreten werden die Toten Hosen, Feine Sahne Fischfilet, Kraftklub, K.I.Z., Marteria, Casper, Nura von SXTN und Trettmann.

Hier geht es zur Facebookveranstaltung.

 

Zwei Veranstaltungen mit denen Chemnitz beweist, dass die Stadt bunt und eben doch nicht braun ist.

Aber: Es wird nicht reichen, diese beiden Demonstrationen zu unterstützen. In Chemnitz und in ganz Sachsen gibt es viele zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich seit Jahren für ein tolerantes Miteinander und Demokratie einsetzen. Initiativen, die aufklären, Geflüchteten oder Opfern rechtsextremer Gewalt helfen und direkt vor Ort für Demokratie und Menschenrechte eintreten. Diese Gruppen brauchen Unterstützung, nicht nur an zwei Tagen sondern auch im Rest des Jahres. Vor allem auch deshalb, weil die Landesregierung es seit Jahren nicht schafft, den Rechtsextremismus in der Region deutlich zu benennen und zu bekämpfen.

Hier finden Sie Links und Informationen zu Initiativen in Sachsen, die Ihre Unterstützung brauchen.

 

Was passiert gerade in Chemnitz? Unsere Artikel dazu auf Belltower News:

Die Lust am Ausnahmezustand: Chemnitz und das Narrativ vom “Bürgerkrieg”

Rassistischer Mob in Chemnitz: "Für jeden toten Deutschen einen toten Ausländer!"

Was am Montag in Chemnitz passiert ist

Die wahnhaften "Besorgtbürger": Vernetzungstreffen in Chemnitz

Format: 
Noindex / Nofollow: 
indexfollow
Viewing all 199 articles
Browse latest View live